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Literatur.
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d, h. daß durch Erinnerung in dem Andern die Empfindung entstehe, welche der Autvr meint. Daß endlich durch dasselbe Object in Verschiedenen verschiedene Empfindungen entstehen können, hebt das Recht dieser Methvde nicht auf, sondern spornt nur zu immer genauerer Beobachtung an und veranlaßt den für jede Wissenschaft heilsamen Streit. Mit Recht macht Schone darauf aufmerksam, daß die Kenner in jeder Art von Kunst, namentlich in der bildenden Kunst und in der Musik?, aber auch in der Poesie und der Schriststcllcrei überhaupt, die Gewißheit ihrer Urtheile überall nur ans dem Wege der Stilkritik gewinnen und die fo ge­wonnene Gewißheit jeder andern vorziehen, so daß sie ohne dieselbe nur widerwillig sich äußeren Beweisen fügen, mit ihr aber auch einer großen äußeren Wahrscheinlich­keit, die gegen sie ist, mit Ersolg Trotz bieten.

WaS nun den Standpunkt der Schrift rücksichtiich der Platonischen Frage des Näheren anlangt, so ist derselbe wesentlich durch die noch nicht veröffentlichten Platonischen Untersuchungen Ch. H. Weißes bestimmt, die dem Verfasser laut Vorrede durch Vorlesungen an hiesiger Universität bekannt geworden. Der Grund­gedanke ist dieser, daß aus psychologisch-ästhetischen Gründen, deren Unterstützung durch äußere Zeugnisse übrigens keineswegs unterlassen wird, die größere drama­tische, überhanpt künstlerische Vollendung eines Dialogs, dnrch welche er mehr unter den Gesichtspunkt dcS künstlerischen Selbstzwecks Tro--c^ als unter den der

Auffindung und Mittheilung wissenschaftlicher Resultate gestellt erscheint, auf spätere Abfassungszeit hinweist. Solche größere Meisterschaft in der Handhabung der Knnst- form zeigt sich schon äußerlich in der Wahl der Erzählungsform gegenüber der un­reiferen Form des directen Gesprächs, uud weiter in den jedem Beurtheiler drama- liicher Leistungen geläufigen Kennzeichen, welche hicr im Besondern am Prvtngoras mit sinniger Dctailbetrcichtung hervorgehoben werden. Die Auseinandersetzung mit den bisher üblichen Beantwortungen der Platonischen Frage, welche wesentlich von den, Vvrnrthcil ausgehen, daß der wissenschaftliche Inhalt jedes Dialogs mit den znr Zeit seiner Abfassung von Platv gehegten philosophischen Ueberzeugungen sich vollständig decken müsse, also die Möglichkeit einer Absicht des Schülers, in drama­tisch.historischen Kunstwerke» seinem unvergeßlichen Meister ein bleibendes Denkmal zu errichte», von vornherein ausschließen, zeigt, daß alle einzuwersenden Bedenken nicht unüberwindlich sind. R.l.