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Eine Stunde mit dem Oberst Kuza.
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Er war sehr sorgfältig gekleidet, und trug die Wucht der riesigen goldenen Epauletten mit Grazie und vornehmer Sicherheit. Ein Air von Distinction war um den Mann gebreitet; er stand fortwährend allein; niemand näherte sich ihm, mit niemandem knüpfte er ein Gespräch an. Als er, mit seinen Fingern seine Papyros rollend, suchend umherblickte, reichte ich ihm meine brennende Cigarre, er dankte mir verbindlich, aber schweigend. In diesem Augenblick begrüßte mich ein Bekannter, ein Schotte, mit dem ich im Caf6 der Börse zu Galatsch mehre Male zufällig zusammengetroffen war. Was er war und trieb, wußte ich nicht; aber er erzählte mir, daß er sich in Ismail niedergelassen habe, und suchte mich nunmehr dringlichst zu bereden, meinen Ausflug bis nach dieser Wunderstadt auszudehnen. Denn als eine solche pries er sie, mit ihren breiten, regelmäßigen Straßen, netten, reinlichen Häu­sern, hübschen Gärten.Schade nur, fügteer hinzu, daß die Stadt, seitdem die Russen sie verlassen haben, fast menschenleer geworden ist, was freilich auch sein Gutes hat; denn wohlfeiler kann man jetzt nirgend in der Welt ein Haus miethen, wie in Ismail."

Während der redselige Schotte mich also zu unterhalten strebte, wars ich von Zeit zu Zeit einen Blick hinaus auf den Strom und seine Ufer. Es war und blieb immer dasselbe Bild. Links die Hütten der Douane in gleich­mäßigen Abständen dicht am Strand, rechts Weidicht und Schils; über den Wassern schwebten zahlreiche Mövcn mit häßlichem Geschrei, zuweilen flog ein mächtiger Pelikan vor dem nahenden Dampfboot auf, um ein paar tausend Schritte weiter wiederum schwerfällig auf die Flut zu sinken; da und dort ein tür­kisches, schmuzigcs Schiff mit sonderbar hohem Castell regungslos in der Wind­stille vor Anker. Die Festung Jsaktscha auf dem rechten Ufer, von welcher aus Omcr Pascha der andere '1853 im Octobcr die russischen Kriegsschiffe, welche die Donau hcraufscgelten, mit Ersolg beschoß und damit den Krieg thätlich begann, macht den Eindruck der Verkommenheit, wie alles, was os- manisch heißt. Hier scheint sich die Donau noch einmal zusammennehmen zu wollen, ehe sie in jenes regellose Wassergewirr verfällt, das der europäischen Politik so vieles Kopfzerbrechen und dem kranken Mann so vieles Geld ge­kostet hat; breit und so langsam, daß seine Oberfläche dem Spiegel eines Landsees gleicht, fließt der Strom zwischen flachen, schilfgegürteten Ufern da­hin, ohne Buchten, Arme und Inseln; nur muß man nicht irre werden durch die großen Limane, besonders auf der linken Seite, welche von trüg hervor­wallenden Flüßchen gebildet werden, die in ihrer Mattigkeit scheinbar nicht das Vermögen mehr haben, die letzte Barriere zu durchbrechen, die sie von der Beherrscherin ihres Gebietes trennt, daher sie in stehendem Halbsumpf ihr Leben beschließen. Anders mag es freilich aussehen, wenn die Winter­wasser sie geschwellt haben. '