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Die breslauischen Verfassungskämpfe bis zu dem Aufsstand des Jahres 1418.
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der niedern Classe aus, und an die Spitze der Bewegung traten wieder die­jenigen Zünfte, welche schon bei den früheren Ausstanden sich hervorgethan, die Tuchmacher und die Fleischer.

Da wo jetzt die Kasernen in der Neustadt sich befinden, stand noch in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eine kleine Kirche, St. Clemens geweiht. Hier war es, wo an einem Sonntag, den 7. Juli, die Aufrührer zusammenkamen, für die Ausführung ihres Vorhabens sich untereinander fest zn gemeinsamem Handeln verbanden und dem frevlen Unternehmen sogar eine religiöse Weihe zu verleihen suchten, indem ein von ihnen gewonnener Priester ihre Beichte hören, sie absolvircn und ihnen das Abendmahl reichen mußte.

Für den Ausbruch hatten sie den folgenden Tag und zwar die Stunde des größten Verkehrs, Mittag zwölf Uhr, bestimmt. Das verabredete Signal sollte der Ruf des Hirtenhorns bei St. Mauritius sein. Und so geschah es. Die Tuchmacher und Fleischer an der Spitze walzte sich um jene Stunde der immer mehr anwachsende Haufen dem Rathhause zu, wo der Rath ohne Kenntniß von dem ihm drohenden Unheil zur Sitzung versammelt war. Auf dem Fischmarkte hatte sich eine mit Speeren bewaffnete Rotte aufgestellt, den Zugang zum Nathhause absperrend, während zu derselben Zeit der Thurm er­brochen und die Sturmglocke geläutet wurde. Die Aufrührer drangen indessen in den Saal, wo der Rath seine Sitzung hielt. Nur einem Theil der Kon­suln gelang es, durch die Flucht zu entkommen. Das schreckliche Schicksal, welches der Nathsherr Megerlin hatte, der, als er sich vor Angst auf den Nathsthurm geflüchtet, dort gefunden und von seinem eignen Gevatter, einem Schuhmacher, ergriffen und über den Kranz des Thurmes herabgestürzt wurde, müssen noch mehre getheilt haben, vier andere vom Rath, den Bürgermeister Nikolaus Freiberger an der Spitze, zwei der ans der Gemeinde gewühlten Mitglieder und drei Schoppen wurden auf dem Ringe vor dem Pranger so­fort enthauptet. Eine wüthende Menge durchströmte iudcssen alle Räume des Nathhauscs, erbrach die Schränke, rauhte Geld und Kostbarkeiten, zerriß und zerstach die Freihcitsbriefe der Stadt und rüstete sich mit den hier vorgefun­denen Waffen. Dann eilte man nach den Gefängnissen und befreite die wegen Gewaltthat oder wegen Schulden Verhafteten.

Damit waren aber auch die Gewaltthaten zu Ende, obwol es fünf Tage lang keine Obrigkeit in der Stadt gab. Weder die Chroniken, noch die offi- ciellen Klagepunkte bei dem spätern Processe erwähnen etwas von einer Ge­fährdung des Privateigenthums, und doch wenn der Aufruhr wirklich seinen Ursprung in einer Erbitterung der Bürgerschaft gegen die Patricier gehabt hätte, wäre das schwerlich ausgeblieben. Wer Hütte die entfesselte bewaffnete Menge zurückhalten wollen, nachdem dieselbe schon durch die Verwüstung des Nathhauses gezeigt, daß sie auch vor dem Raube nicht zurückbebe? Der Haß