Aus der römischen Kmserzeir.
Die italischen Municipien. i.
Die Zustände der Städte des römischen Reichs außer Rom werden m,t Ausnahme einiger wenigen besonders ausgezeichneten (wie Alezandrien, An- tiochien, Athen u. a.) iu der Literatur der Kaiserzeit nur selten und flüchtig berührt. Der einzige Schriftsteller, der ausführlich das Treiben in einer Co- lonie in Italien geschildert hat, ist Petron, die Scene seiner Schilderungen ist, wie schon bemerkt, wahrscheinlich Puteoli, doch leider wird ihr Werth durch ihren fragmentarischen Zustand sehr beeinträchtigt. So sind wir denn für diesen Gegenstand beinah ausschließlich auf in schriftliche Denkmäler angewiesen, uuv diese liefern allerdings ein sehr reiches Material. Sind ihre Angaben auch immer nur kurz und häufig unverständlich, so wird dieser Mangel bis zu einem gewissen Grade durch die ungeheure Masse von Inschriftsteinen erseht, die täglich im Zunehmen begriffen ist. In MommsenS großartiger Sammlung der Inschriften des Königreichs Neapel besitzen wir bereits vollständige und zuverlässige Texte aller bisher bekannten derartige» Urkunden llntentaliens. Diese liegt den folgenden Schilderungen aus dcu italischen Municipien und Kolonien hauptsächlich zu Grunde, öfter durch Inschriften aus Mitlei- und Oberitalien ergänzt, ausnahmsweise auch durch nichtitalicnische, aber nur da wo von Dingen die Rede ist, die in allen Städten des römischen Reichs mit Sicherheit vorausgesetzt werden dürsen.
Man darf sich die Städte zweiten und dritten Ranges im alten Italien nicht wie im heutigen vorstellen. Diese bieten nur in der Ferne mit weiß- schuumernden Häusermassen auf schroffen Höhen ragend oder in reizenden Thälern ausgebreitet, vom Grün der Ocl- und Fruchtväume. des Weins und Korns umgeben, einen wundervollen Anblick, im Innern findet man wenigstens im Binnenlande in der Regel Oede und Verfall. Schmuz und Elend. Die beiden ersten Jahrhunderte nach Chr. gehörten für Italien zu den wenigen leidlichen Perioden, die dies unglückliche Land überhaupt aufzuweisen hat. Die Communawerfassung -der Städte blieb bis zu einem gewissen Grade selbst-
Grenzbvten 11. 18S6. -1t