Beitrag 
Das englische Gerichtsverfahren und der Bernhardsche Proceß.
Seite
212
Einzelbild herunterladen
 

31Z

englische Criminalproceß verlangt nichts mehr und nichts weniger, als die vollständige Uebereinstimmung des als verübt Behaupteten nüt dem als ge­schehen später Nachgewiesenen. Aus diese Grundlage hin kann denn auch der Jury ein auf Bcweisregeln beruhender Spruch zugemuthct werden, enthält ja eben die Anklageacte alle wesentlichen juristischen Bestandtheile der in Frage stehenden verbrecherischen Handlung. Im deutschen und französischen Verfahren dagegen ist die Anklagcacte ein weitläufiges Expose nickt blos über alle Details des behaupteten Verbrechens, sondern auch über die Per­sönlichkeit des Angeklagten und oft genug untermischt nnt gehässigen An­griffen auf denselben. In England ist jenes Znrüctgreisen in die Vergangen­heit, jenes Durchforschen des Herzens und der Nieren des Angeklagten un­bedingt ausgeschlossen, und Nichter und Vertheidiger werden unter allen Um­ständen daraus halten, daß jede Berührung von nicht zur Sache' selber ge­hörenden Thatsachen unterbleibe. So ist in dem Bernardschen Processe über die ganze frühere Geschichte des Angeklagten, seine Stellung in Frankreich und später in der französischen Emigration oder über deren Treiben in Eng­land nichts weiter zur Sprache gekommen, als was zur unmittelbaren Constntiruug des behaupteten Verbrechens gehörte. Dagegen war der juristische Thatbesland um so schärfer ausgedrückt, Bcruard war, wie es in der englischen Rechts­sprache heißt, ac^essm'/ dstdi-« tlre Kot, Theilnehmer (oder Gehilsc) vor der Ausübung (nämlich des Verbrechens durch andere) gewesen. Damit war dem Ankläger auferlegt zu beweisen 1. die Ausübung des Verbrechens durch andere; 2. die Mitwissenschaft Bcrnards um dieses Verbrechen; seine thätige Theilnahme an den Vorbereitungen zu jener Ausübung. Und auf diesen Be­weis war denn das von der eigentlichen Anklage wohl zu unterscheidende Plaidoyer des Kronadvocaten (-ittoruc^ xzvuvi'u,!*) gerichtet, indem er der Jury alle ihm relevant erscheinenden Thatsachen vorhielt und dann dieselben durch die von ihm vorgebrachten Actenstücke uud Zeugen zu erhärten ver­suchte, Beweismittel, die sämmtlich vorher schon dem Angeklagten mitgetheilt waren. Auch in diesem Plaidoyer des Kronadvocaten wird man alle jenen allgemeinen Ausfälle auf die Person und die Gesinnungen des Angeklagten vermißt haben.

Einen ganz eigenthümlichen und eben nur dein englischen Verfahren ge­läufigen Charakter hatte das nun folgende Zeugenverhör. Es mußte voll­ständig die vom Kronadvocaten behaupteten Thatsachen umfassen, da ja die

-) ^tt,orus> genei-u.1 wäre allerdings besser durch Staatsanwalt überseht, wem, sich da­ran nicht in Deutschland der Gedanke an blosze kriminelle Verfolgungen knüpfte, während doch jener Beamte, der netist dem ähnlich gestellten soli«itc>r zzenei-Ä allemal mit dem Ministerium wechselt, auch in Civilproecsscn die Rechte der Kroue, unterschieden von den Privntrechten der Königin, vertritt.