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Die Folgen des Proceß Bernard.
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regeln, durch welche die Freiheit des Verkehrs aufs ärgste beschränkt, die Polizeiherrschaft in höchst verletzender Weise vergrößert und Frankreich über Nacht mit einer militärischen Dictatur beschenkt wird, wie sie seit dem Sturz des Römcrreichcs an der Seine und Nhone nicht bestanden hat. Rathlos. ohne Partcileben und ohne politische Aussicht, wenn auch in stillem Grimm, erträgt Frankreich den neuen Druck. Aber der Kaiser, was hat er dadurch erreicht? Er wollte sich fester stellen, und doch er hat sich vor dem Ausland die Hälfte seiner Kraft, und Frankreich gegenüber jede Hoffnung auf friedliche Succession seines Hauses genommen. Die alte Fiction der Volkswahl kann niemand mehr täuschen, der Kaiser selbst hat der Welt gezeigt, daß er seine Marschälle und Armeen braucht, um Frankreich im Zaum zu halten; fortan kann er keinen großen Krieg mehr führen, der Frankreichs volle Hecreskraft in Anspruch nimmt. Er ist dem Auslande um vielleicht 150,000 Krieger weniger furchtbar geworden. Und ferner seinem Heer und Volk hat er fünf militärische Regenten gegeben. Die er jetzt gewählt hat, mögen ihm und seinem Hause treu dienen, aber die französischen Marschallstäbe, die auf Schlacht­feldern gewonnen sind, gehn schnell aus einer Hand in die andere über, und wenn der Kaiser aus diesem Leben scheidet, welche Gewalt will fünf ehr­geizige, herrschlustige, mit beinahe souveräner Gewalt bekleidete Proconsuln einig und devot erhalten, devot für eine Familie, welche unter ihren Augen aus dem Privatleben durch Schwert und Kugel auf den Thron gestiegen ist? So ist jetzt das Reich der Navoleonidcn durch seine neuen Barrikaden noch weit haltloser geworden als es vor wenig Monden war.

Und England gegenüber dasselbe Verhängnis! Wie eifrig hat sich der Kaiser um das englische Bündniß bemüht, es war ihm eine Herzensüber- zengung, daß seine Größe und Sicherheit davon abhänge, er hat der Politik des englischen Staates und den Menschen, welche sie vertreten, eine mehr­jährige großartige Courtoisie gewidmet, er hat vieles Unangenehme, was ihm von England kam, mit immerwährender Selbstüberwindung ertragen. Da will sein Schicksal, daß die Thcilnehmer der letzten Verschwörung ebenso im Schutz englischer Gesetze gegen ihn arbeiten, wie einst er selbst unter dem Schutze derselben Gesetze gegen die Regierung Louis Philipps intriguirt hatte. Vielleicht ist eine Unvollkommenhcit in der englischen Gesetzgebung Ursache, wenn England dem schlechtesten politischen Verbrecher des Festlandes denselben Schutz ge­währt, wie dem ungefährlichen Flüchtling, und wenn dasselbe einem fremden Souverän: schwer, unter Umständen unmöglich macht, die Bestrafung von Ver­schwörern gegen sein Leben nach englischem Recht durchzusetzen. Sicher ist freilich auch, daß der Kaiser das mehrjährige Bündniß und die Sympathien der gebildeten Classen Englands ein wenig zu hoch anschlug, und die Gefahr, welche ihm durch die Toleranz des englischen Gesetzes drohe, ein wenig zu lebhast ein-