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Die Verstandeskräfte und Intelligenz der Bewohner an der Haardt sind aber auch von dem Westrich sowol als von der Ebene anerkannt, und man könnte lauter „Notare" aus den Bauern an der Haardt machen, sagte mir einmal ein Jude aus dem Gau. Jedoch spöttelt man auch über die „Krischer", über die auf ihre Gescheitheit stolzen Haardtbewohncr mit ihrem „großen Maul" und ihren „Einbildungen". Da wird erzählt, bei einer großen Volksversammlung sei einmal gesagt worden, daß der Gescheidteste seinen Kopf verlieren müsse; da liefen alle Neustädter eilends davon, denn jeder hielt sich sür diesen Unglücklichen. —
Die Rtibenzuckerstener.
Der Zollvcrcinsvcrtrag über die Erhöhung dcr Rübcnzuckersteucr ist nach langen Debatten und nach Annahme des Ncichcnspergcrschen Vcrbcsserungsantragcs, daß die erzielte Mehreinnahme für die Verbesserung der Lage der Beamten verwendet werde, vom preußischen Abgcvrdnctenhause mit 80 Stimmen Mehrheit genehmigt. Die Regierung hat nach langem Kampf gesiegt, einem Kampfe, dcr um so eigenthümlicher war, als er das Kalcidoscop der bisherigen Partcistcllungcn plötzlich verrückt zu haben schien, man sah die sonst stets verschwisterten finanziellen Größen der Linken Kühne und Patow einander gegenüberstehen, Herr Diergardt, dcr Tabaksmonopolist sprach gcgen Schutzzölle und ein Thcil dcr Rechten vergaß diesmal ihr „dennoch" und stimmte gcgcn die Regierung. Dcr Grund hiervon scheint uns darin zu liegen, daß aus der cincn Scite Jntcrcssen und juristisch-moralische Motive gcgcn dic Erhöhung sprachen, daß auf dcr andern volkswirtschaftliche und namentlich finanzielle Erwägungen dieselbe zu rechtfertigen schienen, vor allem aber, daß dic Entscheidung den wesentlichsten Einfluß aus die Stellung Preußens im Zollverein haben mußte. Wir glauben, daß man bci eincr finanzicllcn Frage auch stets den sinanziellcn Charakter voranstellen muß und wollen deshalb damit unfrc Erörterung beginnen.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Zuckcr als cin allgemein verbreitetes und doch nicht nothwendiges Gcnußmittcl cin sehr gecignctcr Gegenstand dcr Bcsteurung ist. Bis vor ctwa 20 Jahrcn hattc man in Deutschland hauptsächlich nur Colonialzuckcr, dcr bci cincm Zoll von 5 Thlr. p. Ein., cincn Hauptpostcn der Zollvcrcinseinkünftc lieferte; in dcn dreißiger Jahrcn begann dic Rübcnzuckcrindustric und hob sich rasch zu Bcdcutung, sic hatte zuerst mit dcn Unvollkommcnhciten cincs beginnenden Gewcrbszwciges zu kämpfen, aber sie hatte dem indischen Zuckcr gegenüber dic Stcucrfrcihcit voraus. 1840 ward zuerst cine Cvntrolabgabe von drci Pfcnnigcn auf den Ccntncr Rübcn gclcgt, 1844 ward daraus einc ordentliche Abgabe von 1 Sgr. 6 Pf., dic 1850 auf 3. 1856 auf K Sgr. stieg. Dessen ungeachtet hat der Rübenzucker immer noch cincn großen Stcucrvorsprung vor dem ausländischen Fabrikat, denn wenn nach der Denkschrift der Regierung 12^ Ct. Rüben 1 Ct. Zuckcr gcben, so ist die Stcuer für lctztcrn 2 Thlr. 2» Sgr., mithin 2 Thlr. 10 Sgr. weniger als dcr Zollsatz auf eingeführtes Fabrikat. Infolge dicscs Schutzzolles hat sich denn auch dic Rübcnzuckcrindustric, obwol sie bei jeder Steuerhöhung ihren