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Eine Charakteristik der Pfälzer.
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und Landvögte im Elsaß. Kastenvögte der oberrheinischen Bischöfe und gewisser­maßen Schirmherrn der Städte. In Karl Ludwigs genialem Kopfe keimte denn auch schon die Idee von der Errichtung eines austrasischen Königreichs am Rhein. Mit eifersüchtiger Strenge übte er die Rechte der Pfalzgrafen aus. so daß es selbst zum Kriege kam. Was bei Karl Ludwig Sache politischer Ueberlegung war, wollte aus Eitelkeit einer seiner Nachfolger aus der neu- vurger Linie dem ersten Könige von Preußen nachmachen, ließ sich schon König bei Rhein nennen, gab aber noch bei guter Gelegenheit den Gedanken wieder auf.

Wir wollen uns nicht länger bei dergleichen politischen Intentionen und Illusionen aufhalten, indem wir nur noch einige Worte über das Verhältniß der Pfalz zu Bniern hinzufügen. Die gegenseitige Stammeseifersucht ist noch nicht erloschen. Seit Jahrhunderten genährt, gründet sie ohnedies zu sehr auf der Verschiedenheit des Volksstammes. Die Baicrn meinen, sie hätten einen schlechten Fang an der Pfalz gemacht, wo lauterFranzosenköpfe" und Bettelleute wohnten, denn in der That spricht man in Altbaicrn noch immer von der ..armen Pfalz" und von den Kosten, welche sie dem Lande mache, was freilich eine arge Unkenntniß der Sachlage verräth. Die Pfüizer haben nichts, als ihr großes Maul!" heißt es dann, und dagegen sagen die PfälzerDie Baiern haben nichts, als ihren Bauch ; so lange man ihnen auf den nicht tritt, rühren sie sich nicht!" Soldat wer­den heißt noch heute in der Pfalz,zu den Baiern müssen", und hierzu kommt noch die Abneigung des Pfälzers gegen das Kaserncnleben. Er geht lieber nach Frankreich oder Amerika, wo in Algier und im mexikanischen Feldzug Tausende von Pfälzcrn gegen die Cabnlcn und Spaniolcn fochten, was die Reden von Mangel an kriegerischem Geiste hinlänglich beleuchten mag. AIs im Jahre 184» die altbairischen Truppen die Pfalz besetzten, fragten die Sol­daten beim Marsche durch die großen reichen 5>te in der Ebene der Pfalz, wann man denn einmal in ein Dorf komme. Da man ihnen sagte, daß dies lauter Dörfer seien, meinten sie:Malcfiz Demokrat'n! Müssen «lleweil was Besscrs hab'n!" Das chnratterisirt zur Genüge die gegenseitige Stimnmng, Pfälzer und Altbaiern vertragen sich so selten, wie Wein und Bier. Der altbairische Beamte findet in der Pfalz vieles anders, als daheim. Der Pfälzer Bauer läßt sich nicht duzen, sogar nicht einmal Prügel aufzählen; er weiß genau, wie weit des Beamten Voltmacht und Befugniß reicht, läßt sich vielleicht auch von dem einheimischen Beamten lieber ein hartes Wort sagen als von demAltbaier!" Der Pfälzer will aber vor allem eine freund­liche, respectirliche Behandlung; Beamtengrobheit imponirt ihm nicht. Was dem baienschcn in die Pfalz kommenden Beamten noch auffallen wird, ist der Mangel an Standesunterschieden und Titeln, die völlige Gleichheit in Ansehen

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