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Goethe und Scharfrichter Huß zu Eger
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Sohn auf das Gymnasium, dort wurde der Kuabe aber von eiuem unverständigen Professor aus dem Piaristeuorden in brutaler Weise als unehrliches Kind mißhandelt, seine Klagen fanden bei dem Vater, der stolz auf die projectirte Pricstercarrisre seines Sohnes war, kein Gehör, bis der verzweifelnde Knabe endlich in die Welt lief. Er wurde zurückgebracht und nach großer Fa­milienscene und Rührung des Vaters im Hause behalten und durch Privatlchrer unterrichtet. Kein Handwerk wollte den heranwachsenden Sohn des Scharfrichters aufnehmen, er half daher dem Vater bei der Feld- uud Garteuarbeit, und wnrde von diesem in die uraltcu Geheimnisse der Zunft eingeweiht, Menschen und Thiere ans energische Weise ans der Welt zu schaffen, und die übrig bleibenden von Krankheiten zu heilen. Schon als löjähriger Knabe sccundirte er seinem Vater bei einer der furchtbaren Amtsverrichtnngen, nnd einige Jahre darauf hatte er selbst iu der Führung des großen Schwertes unheimlichen Nnf erlangt, und wurde -- mit knapper Besoldung als Scharfrichter zu Egcr augestellt. Er war ein sehr hübscher, interessanter Innge, hatte ein gewandtes Benehmen, die Gabe, gut zu sprechen, übte sein schauerliches Amt mit tragischem Auslande, und galt weit und breit, zumal bei dem Landvolk, für einen der geschicktesten Aerzte, der heimlich bei Nacht geholt wurde, und durch seine geheimnißvolle Erscheinung deu Tod vom Bette des Kranken zn verjagen wußte. So hatte er auch ein jnnges Bürgcr- mädchen geheilt, und diese sich leidenschaftlich in die phantastische Person ihres Retters verliebt. Die Verwandtschaft war entsetzt über seine Bewerbung, er aber entführt« seine Sophie, verbarg sie bei einem Förster, und ließ sich endlich mit ihr tränen. Aber Hnß war anch sonst kein gewöhnlicher Scharfrichter. Kopfabschlagcn und Beinbrüche heilen befriedigte sein Herz nicht ganz, selbst die Liebe vermochte das nicht. Er hatte die Wissenschaft ehren gelernt und strebte nach Höherem. In seinem Interesse für viele Dinge, die nicht zn seinem Handwerk gehörten, verfiel er zunächst darauf, Münzen zu sammeln. Bei seiner ausgebreiteten Bekanntschaft unter dem Landvolk wußte er durch Tausch und als Belohnung für glückliche Cnren eine Masse alter Münzsorten an sich zu bringen, welche in dem nördlichen Böhmen zahlreich vorhanden waren und gern als Pathengeschenke benutzt wurden. Ein gelehrter Professor des Gymnasiums lieh ihm Bücher über Münzkunde und lehrte ihn alte Buchstabe», Zeichen und Köpfe der Münzen verstehen und deuteu. Auch Mineralien sammelte er auf seinen Wanderungen, besonders Erzstnfcn, und bemühte sich redlich, dieselben nach einem mineralogischen Lehrbuch zn unterscheiden und zu ordnen. Freilich begegnete es ihm zuweilen, daß er seltene Stücke mit falschen Namen und Etiquetten versah, an solchen Jrthümern hielt er starrköpfig fest, selbst wenn er eines Bessern belehrt wnrde. Anch Alterthümer sammelte er, als: alte Gewehre, Schwerter, Lanzen, Gerätschaften, Krüge, Gläser, endlich auch Holz- gattuugeu und Sämereien. Der Sammeltrieb wurde bei ihm zur Leidenschaft. Oft warf er sich schlaflos auf seinem Lager herum und sah im Geiste irgend eine alte

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