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Wochenbericht.
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Die Civilehe wurde heute vor dem Staatsmiuister Fould vollzogen, und die feierliche Einsegnung findet nächsten Sonntag in der Kathedrale von Notre-Damc statt. Der Kaiser hat eine entschiedene Vorliebe für den Sonntag er will, daß die Arbeiter und die Vorstädter sich den neugierigen Massen anschließen könne». Da die Zeit zu kurz ist, eiucu neuen Wagen für die Kaiserin zu Stande zu bringe», so hat man vom Krö- uuugswagcn Karl's X. das Wappen abgekratzt u»d siehe der kaiserliche Adler kam z»m Vorsehet», Es war der Kröunngswagen auch Napoleon's! illsbenl sui> lst» Und welches Schicksal steht der jungen Kaiserin bevor, die ans einer bescheidene» un­beachteten Stellung sich nun plötzlich auf einen Thron erhoben sieht? Wird er ei» historischer sei», oder wird Louis Napoleon trotz aller Befürchtungen dem Frieden treu gemig bleibe», »m seiner Gemahlin nngestört die heimliche» Freude» der Familie zu gönne»? Wenn Fränlcin Mvntijo wirklich von so abentenerlichem Si»»c ist. als mau vielseitig behauptet hat, so ist ihre Ncchuuug »nt dem Schicksale gemacht, und sie muß bereit sei», das berauschende Glück, den Thron eines Kaisers zu theilen, mit ihrem Leben zu bezahlen. Wir wollen es aber nicht als ein böses Omen anführen, daß Viele eine außerordentliche Achnlichkeit zwischen der Gräfin oder Herzogin von Thcba und der Königin Marie Antoiuette finde». Man behauptet sogar, die Spanierin liebe es, diese Achnlichkcit noch dnrch ihren Kopfputz uud ihre Klcidnngswcise zu erhöhen. Neben die­sem Ereignisse schwinden natürlich alle übrigen, und man spricht im ganzen Lande von nichts Anderem. Die Plätze an de» Fenstern, an denen der Hvchzcitszug vorüber muß, werden schon um vieles Geld verkauft, nnd Sie können keck behaupten, daß der sehnlichste Wunsch einer jeden Pariserin in diesem Angeiiblicke der sei, die junge Kaiserin gesehen zu habe». Der morgige Monitenr wird wol die Ernennung ihres Hofstaates bringen, und wir würde» nicht im geringsten erstannt sein, sehr legitimistischc Namen unter ihre» Hofdame» z» lesen. Es geht dc» Höflingen wie dcm Krönungswagen, man braucht sie nur ein wenig abzukratzen, und mau ka»» sie gleich wieder anf's Neue verwende». Die Minister sind besorgt nm ihre Stellung, und vielleicht »icht mit Unrecht. Es muß sich aber erst zeigen, ob Lvnis Napoleon nicht anch als Ehemann so energisch uud eigenwillig sein wird, als es der Politiker ist. Die Franzose», welche dcm Grundsatz hul­digen, daß jeder Mann vor der Macht der weiblichen Schönheit und Anmuth gleich schwach sei, glauben nicht an die Freiheit, die sich Lvnis Napoleon verspricht. Wir sagcin Hubes» ötr« lin, il i> lrouvö plus lm que Im. Wir wollen ruhig abwarte», wir würden es »ur zu bald merken, wen» die Eotillo»herrschaft wieder begönne. So viel glaube ich jedenfalls: wenn die englische Presse die Kaiserin so wenig schont, als sie den Kaiser schont, so werde» die ehrgeizigen Krieger in der kaiserliche» Umgebung die feurige Spa­nierin mit als Hebel für ihre Pläne zu bcnntzen suchen. Ob es zum Gelingen noch großer Anstrengungen bedarf ist schwer zu sagen, für den Augenblick sucht Louis Na­poleon sich England dnrch Handelsverträge z» gewinnen. Wie die übrigen Hose den neuen Lnup cl'ölal aufnehme» werde,?, läßt sich leicht denken, aber keine einzige Macht wird sich dadurch zu einer andern Haltung bestimmen lassen, als sie bisher be­obachtet. Mit der Zeit werden sie wol freundlicher sich geberden, denn jetzt muß es Allen klar geworde» sei», daß es eben keine schlechte Politik wäre, Louis Napoleon z» schonen. Wenn sie nicht im Interesse der öffentlichen Moral und im Interesse der legitimistischen Grundsätze gegen de» Ä, December aufgctretc» si»d, müssen sie auch alles Andere als natürliche Consequenzen desselben annehmen.