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Zwei Tage in Lissabon.
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schort, wenn ein Beamter regelmäßig seine Bezahlung erhält, darf so etwas frei­lich nicht verwundern.

Da die Umgegend von Lissabon dem Fremden viel mehr bietet als die Stadt selbst, so fuhren wir am andern Tage noch in den kühlen Morgenstunden nach Cintra, das 3 Meilen entfernt ist. Ein reizender Weg führt Berg auf Berg ab, oft so iu der Nähe des Tejo, daß man die Schiffe auf ihm zählen kann, dann wieder unter Bäumen von wahrhast tropischem Wuchs. Man sieht hier den ganzen Reichthum der Natur, aber anch die grenzenlose Verfallcnheit des Landes. Kein geschäftlicher Verkehr, keine belebende Thätigkeit irgend einer Art, sobald man ans den Thoren der Stadt tritt. Ganze Strecken Landes liegen unbebaut und mit Gesträuch bedeckt zn beiden Seiteu des verwahrlosten Weges, und harren vergebens der fleißigen Hand des Bebaners. Doch soll Lissabon und seine Umgebung von der faulsten und indolentesten Bevölkerung des Landes be­wohnt sein; iu deu übrigcu Provinzen, besonders den nördlichen, herrscht ein größerer Fleiß uud mehr Thatkraft. Namentlich in den Weinbcmdistricten arbeiten die Winzer hart und eifrig. Auf der Hälfte des Weges liegt das königliche Schloß Qucluz, wo wir anhielten. Hier hauste Don Mignel während seiner Herrschaft, die dem Lande so viel Blnt kostete. Ein Engländer, der schon da­mals in Portugal lebte, schilderte mit lebhaften Farben die vielen Züge von Grausamkeit uud Nvhhcit, welche die Negierung dieses Herrn so merkwürdig machten. So hatte er die unbequeme Gewohnheit, mit einem leichten Wagen, der mit i muthigcu Heugsteu bcspauut war, in vollem Galopp mitten in das stärkste VvlkSgcwühl, besonders bei öffentlichen Heften nnd ähnlichen Gelegen­heiten, hineinzujagen. Das Schreien der flüchtenden Menschen nnd die vielen tomischen Scenen bei der allgemeinen Flucht sollen ihm die größte Frende gemacht haben. Dann hatte er wol, wenn er gerade guter Laune war, die Herzeusgüte, deu Beschädigten einige Crnsado's als Almosen hingeworfen. Eine andere Ge­schichte ist in den englische« Familie» Lissabons allgemein bekannt uud wird gern erzählt. Ein englischer Capitain auf Halbsold ging mit seiner jungen schönen Gattin und noch einem Freunde ans der reizend gelegenen Terrasse von Alcantara spazieren. Hier begegnet ihnen Dom Miguel mit seinem vertrauten Frcnnd, einem ehemaligen Barbier oder so etwas, deu er zum Baron von Qnclnz gemacht hatte, und trunkenen Muthes, fingen diese Beiden au, die größten Jncvnvenienzen gegen die Dame zn begehen, wollten sie öffentlich tusseu uud dergleichen mehr. Es waren aber derbe Engländer, an welche der portugiesische Herrscher diesmal ge­rathen war, und diese verstanden keinen Spaß, sondern boxten ihn mit seinem feigen Begleiter sogleich nieder, nnd hieben Beide tüchtig mit ihren Nohrstöcken durch. Der vor Wuth schäumende Herr schickte, als er anö ihren Händen ent^ kommen war, sogleich nach einer Patrouille, und die Ehrenmänner hätten ihre That wol mit ihrem Leben büßen müssen, wenn sie in die Hände derselben ge-