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Thackeray.
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Gewürze abgestumpft. Daß in der That zwischenVanil^an'" undl'lmäonnis" ein erheblicher Unterschied ist, können wir nicht sagen, das zweite Werk aber hat allgemein weniger angesprochen, als das erste, weil es das zweite war. Das GlanbenSsystem des Pessimismus ist bald erschöpft.

Vielleicht wird mit dem nencn Roman in absteigender Linie fortgehen, und doch, wenn man ihn an sich betrachtet, so findet sich mich hier ein so reicher Schatz an feine» Beobachtungen, daß er ein ernstes Studium verdient. Wir haben schon angedeutet, daß der Dichter sich diesmal auf das historische Gebiet begeben hat. Der Roman beginnt mit dem Jahre nnd endigt 1718, 'er spielt also in der Zeit, die anch Bulwcr zn seinemDevcreur," deu Gegenstand gegeben hat. Mit diesem Werk hat er überhaupt manche Aehnlichkcit. Er ist gleichfalls eine Familiengeschichte, auf welche die öffentlichen Verhältnisse nur von ferne einwirken. In den eigentlichen historischen Schilderungen ist Thackeray nicht glücklich gewesen, er erzählt viel zu hastig, zu fragmentarisch und zerstreut, um unser Verständniß, geschweige denn unser Interesse zu erregen. Wenn wir solche Schilderungen lesen, so tritt uns die Größe W. Scott's recht lebhaft vor Angen. Dagegen ist in den individuellen Geschichten ein großer Neiz. Zwar wiederhole« sich auch hier die alteu Physiognomien, wir treffen die alten Be­kannten aus Vanlt^-rir alle wieder au, Nebekka und Amalie, Dobbin und George, aber doch in sehr interessanten Variationen und mit einer weit großem Noblesse ausgeführt. In den Nebenfiguren haben wir, wie immer bei Thackeray, eine Reihe kleiner Meisterstücke. Vor allem Andern hinreißend ist aber die Dar­stellung einer Leidenschaft; sie ist in so feinen Zügen und doch mit einer solchen Gluth ausgeführt, daß die ganze englische Literatur seit Shakespeare nicht ihres Gleichen hat, und daß die französischen Gemälde ähnlicher Art grob und plump dagegen aussehen. Hier ist auch die Manier deö Dichters, mehr anzudeuten, als auszuführen, ganz angebracht, denn die beabsichtigte Wirkung wird doch völlig erreicht. Es ist die gewaltige Sprache der Natur, von einem poetischen Sinn aufgefaßt und verklärt. Und doch macht der Schluß eiuen noch viel unbefrie­digendem Eindruck, als selbst der von V-rnit^mr. Erst ganz am Ende ver­sinkt das Weib, welches die Stelle Nebekka's einnimmt, in der wir zwar eine gewisse Perversität der Anlage erkannten, aber doch auch einen gewissen Adel der Gesinnung, der sie vor schlimmeren Abwegen zu bewahren schien, plötzlich, ganz unvorbereitet, ganz unmotivirr, ganz beiläufig in einen Schlamm, der uns mit Ekel erfüllt. Fast eben so schlimm ist die Auflösung jenes andern Verhältnisses, obgleich dem Anschein nach eine günstige. Zu Aufaug des Romans ist der Held zwölf Jahre alt, seine Beschützerin die Mntter zweier Kinder, von denen das eine wcuigstens fünf Jahre zählt. Er wird von ihr erzogen, und es entspinnt sich jenes zarte Verhältniß, das wir oben angedeutet haben. Ihr Gemahl wird erschlagen, »ach längerer Abwesenheit sieht ihr Schützling