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Die Makkabäer : Trauerspiel von Otto Ludwig.
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vier Kinder, welche begeistert Psalmen singen, znm Tode abgeführt. Die Mntter bricht zusammen. Der Todesgesang der Kinder ist verklungen, da stürmt Jnda mit dem Volk von Jerusalem in wildem Anfall gegen das Heer des Königs; ist ein kleiner verzweifelter Haufe, welcher sich Bahn bricht, aber der König, verstimmt durch die politischen Nachrichten, die er vorher erhalten, und erschüttert durch die furchtbare Sceue vor seinen Augeu, erbietet sich gegen Juda, mit seinem Heer abzuziehen. Die sterbende Lea ermahnt den Sohn, sich damit zu begnügen; die Syrer ziehen ab, Lea stirbt, das befreite Volk bildet die Schlußgruppe um Juda.

Diese Darstellung des Inhaltes wird geuügeu, eine Vorstellung von dem zu geben, was an der Handlung unkünstlcrisch ist. sind einzelne Momente ans dem FreihcitSkampfe eines Volkes und anö dem Schicksal einer Familie mit einander verbnnden. Der Znsammenhang der Begebenheiten ist ein zufälliger, oder weun mau will, epischer. Die Einheit und innre Nothwendigkeit der Handlnug fehlt. Denn es ist nicht der übermüthige Stolz der Mntter, welcher ihre Kinder znm Untergange führt was der Dichter selbst als Grundidee der Handlung anznsehn scheint sondern sind unglückliche Znfälle, Spiele des Krieges u. s. w.

Dieser Volkskrieg selbst aber ist als Hintergrund der Handlung durchaus nicht durchsichtig, uicht leicht verständlich, ja kaum interessant. Zwei Syrerkönige, verschiedene Kriegsscenen, ab- und zuziehende feindliche Heere, der Znfall, daß das Volk den Wahnsinn hat, am Sabbath nicht zu kämpfen, sondern sich schlachten zu lassen, und vollends am Schluß die zufälligen politischeu Motive, welche den Antiochus bewegen, abzuziehen, geben diesem ganzen Kampfe etwas Willkürliches, Unverständ­liches. Dazu kommt ferner, daß daö Volk selbst verdorbener, launischer, ja verrückter dargestellt wird, als wünschenswert!) ist, wenn wir für seine Sache ein lebhaftes Interesse haben sollen. Allerdings werden in Wirklichkeit bei einem Volkskampfe alle die ausgeführte» Stimmungen, knechtische Servilität, wahnsinniger Fanatismus, hohe Begeisterung, von dem Erfolge abhängiges Schwanken, sich vorfinden, aber nur ein Geschichtswerk hat Raum, solchen Wechsel zu erklären nnd zu motiviren. In dem geschlossenen Raume deö Dramas ist keine Möglichkeit, diese ewigen Umschläge als etwas Natürliches in ihrer relativen Berechtigung darzustellen; sie vermehren nicht unser Interesse an der Handlnng, sondern sie verringern es, denn sie zer­streuen, und der Glaube selbst, für welchen die Familie des Mattathias stirbt und Jnda streitet, wird uns dadurch uvch fremdartiger. Und doch ist diesem Kampfe, der willkürlich und wunderlich um die Hauptpcrsoucu hcrumwvgt, so viel Nanm geopfert, daß kein Raum mehr für eine gründlichere psychologische Darstellung der einzelnen Charaktere blieb. Es ist zunächst Vereinfachung des Hinter­grundes zu wüuschcu, das Hiu- und Herziehen der Heere, die zwei verschiedenen Antiochns, vor Allem die Uuordnuug iu der zweiten Hälfte des dritten Actes