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Die Makkabäer.
Trauerspiel von Otto Ludwig.
Dieses Stück ist das einzige Drama im höhern Styl, welches in der gegenwärtigen Wintersaison der Bühnen bedentende Erfolge errungen hat. Es wird auf allen größeren Theatern aufgeführt oder eiustndirt. Der Dichter selbst hat dnrch seinen „Erbförster" ein lebhaftes Interesse für sein Talent erweckt. Man durfte erstaunen über seine Fähigkeit, leidenschaftliche Gefühle mit dem wirksamsten dramatischen Detail zu schildern, zumal das Detail dem Schauspieler und der Anfführnng vollständig aptirt war, ohne daß der Verfasser jemals an eigenen Stücken auf der Bühne Erfahrung gemacht hatte. Der Erfolg des Erbförfters wurde durch den ästhetischen Fehler beeinträchtigt, daß Ursache und Wirkung in keinem Verhältniß standen, daß Ton und Motive der Handlung aus der Sphäre des bürgerlichen Schauspiels entnommen waren und darauf ein höchst tragischer Schlich ohne innere Nothwendigkeit, nur durch Gefühlscapricen uud Charakterwunderlichkeiten motivirt, ausgebaut wurde; dieses Mißverhältnis gab der ganzen Handlung etwas Willkürliches und Grausames. Trotz dieser Ucbclständc war man berechtigt, große Hoffnungen auf die spätere» Leistungen eines Talents zu setzen, welches in so ausgezeichneter Weise die Eigenschaft besaß, — bei unsren dramatischen Schriftstellern die seltenste von allen — starke Leidenschaften kunst- gemäß darzustellen.
Das neue Trauerspiel erfüllt diese Hoffunngcn nur zum Theil. Wieder haben wir Gelegenheit, die glänzende Seite seiner Begabung, diesmal am höhern Styl der Tragödie zu bewundern, aber-wieder zeigen sich in der Construction der Handlung Ucbelstände, welche nicht verdeckt werden können durch die brillante Ausführung einzelner Scenen; und obwvl durch dieses Drama die Achtung vor der Begabung des Dichters nicht vermindert wird, so mnß die Kritik doch zweifeln, ob sie gerade in dem, was an dem frühern Stück schwach war, eiuen Fortschritt rühmcn kann.
Der Inhalt des Trauerspiels ist folgender. Lea, Frau des Mattathiaö, eines Priesters zu Mvdin, Mntter von sieben Söhnen, stolz auf ihre Abstammung aus dem Hause David's und auf den reinen Glauben ihrer Familie, offenbart ihrem LieblingSsvhne Eleazar, der auf seinen Heldenbrnder Jnda neidisch ist, daß ihr vor seiner Geburt durch einen Traum geweissagt sei, Eleazar werde Hohepriester und König der Juden werden. Juda selbst, die starke Heldenkraft der Familie, ist der Mutter verleidet, weil er Naizmi, die Simeitin, Tochter des Heuchlers Boas, aus niederem Stamme, zum Weibe genommen hat. Jerusalem senfzt unter der Despotie des Antiochus, welcher als Statthalter seines Baters, des Syrcrkönigs Antiochus Epiphancs, daselbst regiert. Griechische Sitte und servile Gesinnung
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