Beitrag 
Briefe vom ungarischen Reichstage. IV.
Seite
420
Einzelbild herunterladen
 

420

aufgegeben wurde. Der Graf wollte die beiden Parteien vereinigeil und gab einer Jeden Etwas. Die Folge dieses Antrages war, daß die Opposition einige Stimmen weniger zählte, aber die Mehrheit konnte ihr auch Graf Szvch«myi nicht streitig machen. So oft SzvclMyi gesprochen, eben so oft hat er sich darüber beklagt, daß man ihn nicht verstände und er halte es für seine Schuldigkeit, sich zu erklä­ren. Nun. glaube ich aber, daß ein Mensch, der sich in so vieleu Schriften und Reden noch immer nicht deutlich geuug erklären kann, entweder wirklich unverständ­lich ist oder sich selbst nicht versteht. Das ist eine Halbheit des edlen Grafen. Die Nation will uud kaun nur Gutes von ihm voraussetzen, dafür bürgt seine Laufbahn; aber sein jetziges Verfahren kann nicht ansprechen uud daher die wenige Sympa­thie, welche der Graf besitzt. Szvch«.myi meint es gewiß in seiner Art redlich. Er traut der Negierung, er verbürgt sich mit seinem Ehreuwvrte für deren red­liche Absichten und darum kömmt er ganz außer sich über den Unverstand der Op­position, daß sie nicht tränt, während Er sich verbürgt. Das was wir Eigenmäch­tigkeiten nennen, das genirt den Grafen nicht, das heißt er die Philosopbie des österreichischen Staatenverbandes und die bureaukratischen Tendenzen sind ein Co- rollarium, das wir uns gefallen lassen müssen. Jetzt sieht SM)<wyi die Opposi­tion in der Mehrheit und will daher ein Centrnm bilden, eiu Justiz milieu, nach ihm muß man die Regierung deshalb unterstützen, weil sie iu ultim-i, iiu-ü^si uud den Appendix des Staateuverbaudes ungerechnet unr das Beste des Landes wolle. Nun kämpften die beiden Motionen von Kossnth uud Szc-ch^nyi miteinander, und die Abstimmung zeigte, daß die Opposition selbst gegen das ^uste milivu in der Majorität sei. Dies wäre nun die knrze Skizze dieser heißen Woche. Von Seiten der Conservativen macht sich noch ein Consiliar Babarczy, der Abgeordnete von Csongrad breit. Er spricht ganz von oben herab, wurde aber vou Szentkiriilyi, unstreitig dem scharfsinnigsten nnd geistreichsten Kopfe der diesmaligen Ständetafel, ganz klein gehackt uud wird iu Zukunft weniger hoch iutoniren. Es thut mir leid, daß ich Ihnen die Nede jenes Abgeordneten nicht ganz mittheilen kann, es thut mir deshalb darum leid, weil ich dadurch auf das Vergnügen Verzicht leisten musi, Ih­nen Szentkir-ilyi's meisterhafte Erwiederung herschrciben können. Aber ich muß Jhuen eiuige Stellen aus Kossuth's Nede und aus der Nede des Abgeordneten vom Komor-Comitate mittheilen, weil diese für Ihre Leser von größerem Interesse sein dürften, da sie die ausländische und zum Theile die österreichische (nicht un­garische) Politik betreffen. Die Censur streicht hier Alles (selbst den ungarischen Blät­tern, die sonst mehr Freiheit hatten) was gegen die österreichischen Maximen ist. Ich führe Ihnen diesen Umstand an, damit Sie verstehen, was es heißen soll, wenn die Allgemeine Zeitung sich berichten läßt: Statthaltereirath erklärte sich wider die Censnr vom Standpunkte der Regierung aus. Die Negieruug censurirte die Blätter, welche die Adreßdebatte behandelten, selber, und selbst derBudapesti Hirad»" hat seine Jungfräulichkeit verloren, Samson ist um sein Haar gekommen.