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Mein Aufenthalt in der Schweiz.
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Mein Aufenthalt in der Schweiz. Von G. Roml'ji').

Ich bin vier Mal in der Schweiz gewesen und das eine Mal habe ich mich länger denn ein Jahr in diesem interessanten Lande ausgehalten. Von diesem Auf­enthalte, welcher in die Jahre 185!4 und 35 fällt, will ich etwas ausführlicher berichten.

Nachdem meine Verhältnisse in Frankfurt sich zerschlagen hatten, wurde mir durch Vermittelung eines theuern Jugendfreundes die Redaction der Basler Zei- tuug angetragen. Nichts konnte mir willkommener sein. Zwar war die BaSler Zeitung bisher während der letzten Jahre in entschieden konservativem Tone gehalten worden, ich hoffte indessen, daß mir gelingen werde, mich in der neuen Stellung unabhängig von Parteicinflnß zu behaupten, und mit der Zeit vielleicht gar durch solche Unabhängigkeit Nutzen zn stiften. In Beidcm hatte ich mich aber verrechnet. Denn ich kannte damals zn wenig aus eigener Anschauung die Natur und Leidenschaftlichkeit politischer Parteien, selbst, wo sie ohne in offene Gewalt­thätigkeiten überzugehen, nur in der Zcitungspvlemik nnd in dein kleinen Kriege ' bürgerlicher Intriguen sich gegenüberstehen. Nun war aber die Feindschaft im Cantvu Basel iu offenen Krieg entbrannt, und als ich iu der Stadt anlangte, war es kaum mehr als sechs Monate, daß man sich mit den Waffen gemessen, und daß namentlich aus Seiten der Städter mancher Verlnst zu beklagen war, und daß noch um Väter, Söhne und Brüder, die am 3. August gefallen waren, die Trauer getragen wurde.

Wie gereizt die Stimmung unter andern ans dem Lande war, mag man dar­aus ersehen, daß sich die Städter kaum hinauswagten, daß die ncnestcn Land­häuser uubewohut standen und daß ich, der ich ungeachtet erhMcner Warnungen hinausging, in dem ersten Dorfe, daS ich erreichte, von den Knaben für einen Stadtbewohner gehalten, mit Steinwürfen empfangen wurde.

Uuter solchen Umständen möchte man geueigt sein, den Versuch, welchen ich m Basel mit der Politik zu mach?n beabsichtigte, für wahre Tollkühnheit oder doch

*) Aus seinen hmtcttasscnen Papiere». Siehe Grenzbotcn No. 45.