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Theaters angekündigt war, dachte der Wiener gleich der Abend werde einen „süperben Jux" geben nnd in der That gab es ein volles ungcmcin belustigtes HauS. Es ist das Trauerspiel aber auch eine auffallende Zusammenstellung der drolligsten Seenen. Da kommt ein Räuber vor, der sich um die Haud eines Mädchens bewirbt, sie weist jedoch seinen Antrag zurück, weil er zu häßlich ist. Doch das Schicksal kommt dem liebenden Räuber zu Hülfe. Der begünstigte Geliebte des Mädchens wird im Walde von — drei Türken übersatten und — geknebelt. Der Ränbcr, der sich gerade im Walde be' findet, schauet ganz ruhig zu und beachtet nicht das Hülfsgeschrci des Mädchens, bis dieses ihm verspricht sein Weib zu werden. Nun zieht er ganz gemächlich seinen Rock ans, streift den Acrmel auf, streicht sich die Haare aus dem Gesicht, fällt dann über die drei Türken her und rauft sich auf die possirlichste Art mit den Türken bis sie — alle drei todt niedergestreckt sind. Der Schauspieler, der diese Rolle gab, mag absichtlich grimasirt haben. Sätze kamen in dcm Stücke vor, über die ein Hypochonder hätte lachen müssen. „Ist "dir die Morgenröthe noch nie über die Herzgrube gelaufen?" — „sein Herz geht ruhig wie ein Kindermärchen" — „Wenn man viel geht, weis, man wie den Todten zu Muthe ist."
Die zweite Aufführung des Stückes war noch spaßhafter. Herr Eckard ließ sich durch den gräulichen Sncecß seines Trauerspiels nicht abschrecken. Er behauptete, die Darsteller hätten ihm sein Drama verdorben und er wolle — selbst den Helden spielen. Der Director des Joscphstädtcr Theaters dachte es wird ein volles Haus geben und ließ in der That das Stück am 26. v. M. nochmals aufführen und den Verfasser selbst auftreten. Man denke sich nnn einen kleinen hagern jungen Menschen, mit einer heiseru fast schwindsüchtigen Stinunc als Näubcrhauptmann in eincm dem öffentlichen Spott verfallenen Trauerspiele, und man wird das unaussprechliche Gelächter und das Halloh begreifen, der in einem Hanse voll lachlustiger Wiener jede Scene begleitete. Die höchste Spitze erreichte die Bclnstignng, als einer von den Räubern sagte: „Hätten Sie sich doch lieber unter das milde Scepter Oesterreichs begeben," und bei dcm stürmischen Gelächter, welches diese Stelle begleitete, der Schauspieler sich an das, Publikum mit den Worten wandte: „Meine Herren, lachen Sie den Dichter, aber nicht den Darsteller aus." Nun ging der Stnrm erst recht los. Hunderte Stimmen brüllten: „Abbitten, Dennemy!" (so hieß der ftcvelnde Schauspieler). Dennemy wollte sich nicht fügen, Dennemy geht mehrmals über die Scene ohne sich zn der Entschuldigung ent- Ichlicßcn zü können, endlich tritt Dennemy wüthend vor nnd spricht: „Der Schauspieler ist dem Publikum Achtung schuldig, aber er ist nicht vogclfrei" — doch diese unglückliche Predigt erzeugt nur neues Gezisch uud den lärmenden Rns: „Abbitten! Abbitten!" Endlich wird Dennemy von Eckard hereingeführt, nnd dieser spricht für ihn eine Entschuldigung aus. Aber das erhitzte Publikum dringt darauf, Dcunemy solle sich selbst entichuldigcu. Da sagt Eckard, man möge ihm zu Liebe sich damit begnügen. Diese ^orte erzeugen ein höllisches Gelächter, worauf Dennemy. der selbst mitlacht, sich ,cll'st entschuldigt. /, , >
Unter all' dem Spectakel uud unauslöschlichem Gelächter spielte Eckard mit einer Rnhe und Ausdauer fort, die cincS bessern Gegenstandes würdig gewesen wäre. Vielleicht mrd lhm indessen dieser Vorgang eine nützliche Lehre sein. ES liegt in der Macht des jungen Mannes, den fatalen Ruf den er genießt in einen ehrenden zu verwandeln, wenn er mit seinen Kräften zu Rathe geht und sie besonnen verwendet. Sein bisheriges Treiben hat nur noch wenige' Schritte zum — Irrenhaus.