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Briefe vom Rhein.
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Briefe vom Nhein.

Rheinischer Liberalismus. Die preußische Municipalverfassung und die fran­zösische. Stadt und Land. Die Cölncr Wählerversammlungen. Ultra- montanismuö. Die Assisen. Der Oppenheimische Prozeß.

Cöln, den 30. Novbr. Die Rheinlande gelten allgemein als ein Sitz politischer Freisinnig­keit, die Rheinländer lassen sich gern liberal nennen, ja sie nennen sich gern selbst so. Es ist mit der Freisinnigkeit eines ganzen Volksstam­mes so eine eigne Sache und ich gestehe offen, daß mir noch nicht recht einleuchten wolle, die echte Freisinnigkeit habe ihren Sitz in den Nhein- landen. Zu echter Freisinnigkeit gehört Vor Allem eine bestimmte klare Vorstellung eines Zweckes und lebhaste Theilnahme an der Allgemein­heit. Beides scheint mir, vermisse man bet den Rheinländern zum Theil noch oft. Allerdings besteht hier ein gewisser Oppositionsgeist gegen die Regierung - allein bloßer Oppositionsgeist ist noch nicht Frei­sinnigkeit, denn die Geschichte zeigt uns oft genug die reactionäre Partei auch in den Reihen der Opposition. Die Opposition gegen die preußische Regierung ist überdies ganz erklärlich, denn sie hat ihren Haupt­grund in der Kürze der Zeit, welche die Rheinprovinz zum preußischen Staate gehört. Erst nach und nach gewöhnen sich die Volköstämme an neue politische Verbindungen und es müssen immer zwei bis drei Generationen auSsterben, ehe das geschieht. Was die Theilnahme am Allgemeinen betrifft, so ist diese anch nicht sehr bedeutend, wenigstens verfolgen die rheinischen Städte meist sehr hartnäckig Sonderinteressen. Ein Prüfstein für die Freisinnigkeit der Rheinländer war die Einfüh­rung der neuen Gemeindeordnung. Bislang bestand hier die alte französische Municipalverfassung, nach welcher die Gemeindevorständ?

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