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Studentenbilder. I.
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schaffen. Hüte Dich vor Liebschaften - erinnerte der Vater auf seiner Seite, wobei er die Stimme etwas mäßigte.

Und vor Duellen das versprich mir heilig, mein Sohn. Keine Duelle! und so fahr' denn hin unter Gottes Schutz Und unsern besten Wünschen", fügte die besorgte Mutter desto lauter von der andern hinzu.

Ich befand mich, wie erwähnt, zwischen Thür' und Angel. Mit dem Kopfe tauchte ich bereits freiheitssehnsuchtsvoll in das Innere des Wagens, während die bedrängte Seele sammt dem Rumpfe noch drau­ßen war und von den älterlichen Ermahnungen zurückgehalten ward. Grade bei der Erwähnung der Duelle aber blickte ich zum ersten Male mit Bewußtsein auf die Insassen des Wagens und fühlte meine Auf­merksamkeit plötzlich gefesselt durch ein Paar braune Augen und eine lebendig blühende Miene voll der bittersten Ironie. Augen und Miene saßen jedoch nicht vereinzelt auf dem Rückplatze der Kutsche, sondern sie bildeten vielmehr den allerpassendsten Zusammenhang mit der kur­zen energischen Gestalt eines schnurrbärtigen jungen Mannes, der offen­bar seit Jahren schon und in der edelsten Form war, was ich über­morgen in Leipzig werden wollte: akademischer Bürger.

Ich weiß nicht, ob es Spott oder Mitleiden war, womit mich der alte Student betrachtete, aber ich weiß, daß mich der öffentliche Unterricht auf einmal so heiß beängstigte, daß ich mich mit einer ent­schiedenen Bewegung losriß und um jeden Preis den Platz zu gewin­nen suchte, der mir im Wagen frei gelassen worden war. Ein Rat­tenkönig freundschaftlich nach mir ausgestreckter Hände folgte der küh­nen That. Ich drückte eine jede der dargebotenen Rechten, aber die meiner Mutter küßte ich und preßte sie an meine Wangen.

Alles hat seine Zeit!" sagt ein Weiser des alten Testaments. Auch ein Dresdner Lohnkutscher vermochte der Ewigkeit nicht für die Dauer zu trotzen. Wir fuhren ab, worunter man sich die knarrende Bewegung eines Lastwagens vorzustellen hat, in dessen Innern sich eine Höhle für vier Passagiere in der Kutsche und zwei im Kabriolet befand. Dersanfte Heinrich", der die Pferde lenkte, saß in der Schoßkelle. Es war ein alter Studentenkutscher diesersanfte Hein­rich" und auch sonst nicht ohne Verdienst. Jeden Augenblick, den,er seiner Pflicht auf der Straße abzumüßigen vermochte, widmete er dem Dienste der Menschheit, indem er die schädlichsten Getränke vertilgte, deren Genuß der Gesundheit Anderer zum Unheil' gedeihen konnte. Sein tief aufgeackertes Antlitz und die Nöthe seiner kolbigen Nase leg-