Beitrag 
Ein Actenstück der Niederösterreichischen Ständeverfassung.
Seite
480
Einzelbild herunterladen
 

480

Kaisers Leopold II. erhoben wurde, die vielleicht jetzt mehr als damals drängten.

Zur Begründung ihrer hier ausgesprochenen festen Ueberzeugung müssen sie zuvörderst auf die Worte des Patentes vom 6. April 1790 zurückgehen, welche dahin lauten:

Die Wiedereinsetzung der, um einen betrachtlichen Theil ihrer Ein­künfte gebrachten Obrigkeiten in ihre rechtmäßigen Bezüge, ward uns also einerseits zur Pflicht, andererseits fanden Wir dieselbe mit dem Wohlstande der Unterthanen selbst innig verbunden, weil nur dadurch das natürliche Band zwischen Herrn und Unterthan, woraus letzterem so wesentliche Unterstützung in allen Umstanden zufließet, zum beiderseitig gemeinschaftlichen Besten wieder hergestellt und befestigt werden kann/'

Die, Dominien haben, ungeachtet der sehr unvollkommenen Erfüll­ung obiger Ausicherung und ungeachtet der ungünstigsten Verhaltnisse, welche nachfolgten diesen Allerhöchsten Erwartungen entsprochen, denn nur wenige wird der Vorwurf treffen können, daß sie den ihrer Obhut und Verwaltung unterworfenen Gutsunterthanen in Fällen unverschul­deter Bedrängniß und Noth, Unterstützung verweigerten, daß sie ihre verschiedenen Bedürfnisse, so weit sie darauf Einfluß nehmen durften, und ihre Kräfte ausreichten, vernachlässigten; und daß sie von ihren ob­rigkeitlichen Befugnissen einen Mißbrauch machten.

Für die Wahrheit dieser Behauptung kann der Umstand das voll- giltigste Zeugniß ablegen, daß noch einiges Vertrauen, noch einige An­hänglichkeit für diejenige Herrschaft vorhanden ist, welche alle Verord­nungen und höheren Befehle zu vollziehen hat, welche strafend und verurtheilend auftreten, welche alle direkten und indirecten Steuern mit unnachsichtlicher Strenge eintreiben, kurz, welche alle Bitterkeiten des Lebens jenen Unterthanen empfinden lassen muß, die in den Kreisämtern nur ihre bereitwilligen Vertreter gegen diese ihre Herrschaft erkennen, für deren Ansprüche und Anforderungen im Zweifel, meistens die Ver­muthung der Unbllligkeit oder Ungerechtigkeit ausgesprochen wird.

Würde also dieses Gewicht nicht aufgewogen sein durch die unab- weislichsten Ueberzeugungen vorwaltender Wohlthaten bei allen Gelegen­heiten, die, mehr als guten Rath, die Unterstützung und Hilfe erheischen; so w-ürde bei eben dargestellten Verhältnissen alles Vertrauen schon längst verschwunden und die Patrimonialgerichtöbarkeit zur Unmöglichkeit ge­worden sein.

Allerdings läßt der Wohlstand des Rufticalbesitzes Vieles zu wünschen übrig; seine Befristung ist häusig zu gering, in andern Fällen spärlich im Ertrage, in allen Fällen hoch belastet allein die darauf haftenden Urbarialgiebigkeiten sind auf einen Zeitpunkt zurückzuführen, wo er zu den Staatslasten nichts, oder nur sehr wenig beizusteuern hatte, und es ist also nicht die Grundherrschaft, welche an seiner Ueberbürdung Schuld trägt.

Wie diesen Mißverhaltnissen durch Auflösung des bestehenden Ver­bandes zwischen Obrigkeit und Unterthan, durch Aufhebung der Patri-