Beitrag 
Zur Geographie der Verbrechen : 1. Artikel.
Seite
416
Einzelbild herunterladen
 

416

wofür Gründe auch nur sehr gezwungen herbeigeführt werden könnten. Pommern steht in Beziehung auf Intelligenz im niedern Volke sehr hoch: nur 1,34 vom Hundert der Rccruten hatte keinen Schulunter­richt gesucht, und wenn auch in dieser Provinz die wenigsten blutigen Verbrechen vorfielen, so stand sie doch in Beziehung auf die zur Unter­suchung gekommenen fleischlichen Verbrechen in vorderster Reihe. (Wie viel dies für die Sittlichkeit einer Bevölkernng bedeutet oder nicht bedeutet, darauf kommen wir noch zurück.) Die Provinz Brandenburg lieferte nnter 100 Eingestellten nur 2,18, die keinen Schulunterricht genossen hatten, und doch steht sie, trotz des wichtigen UmstandeS, daß sie Berlin, die große Pulsader der Monarchie, einschließt, in der Scala der Verbrechen der Tödtungen lind der Fleischeslust erst auf der fünf­ten Stufe.

Derselbe allgemeine Satz gilt aber auch für das Verbreche» des Kindermordeö, für sich betrachtet. Wenn wir für den Jntelligenzzu- stand der Kindermörderinnen als maßgebend betrachten das Verhält­niß, in welchem die schulpflichtigelt Kinder die öffentlichen Schulen besuchten, und unter denen mich die Mädchen (in einem Verhältniß zu den Knaben wie 43 :45 mitbegriffen sind, so hat, nächst Sachsen, Schlesien seiner weiblichen jugendlichen Bevölkerung am meisten Schul­unterricht zufließen lassen, Posen am wenigsten und doch zählen beide Provinzen fast ganz gleich viele, und zwar die meisten Kinder­morde, d. h. etwa 7,4 auf eine Million Einwohner. In Preußen und Pommern ist das Verhältniß des empfangenen Schulunterrichtes ganz gleich, und dennoch zählt Preußen fast noch einmal so viel Kinder­morde, als Pommern.

Nicht einmal ergibt sich eine irgend bemerkenswerthe innere Be­ziehung der Selbstmorde, isolirt betrachtet, zu der Jntelligenzstufe einer Volksinasse, wie man doch weit eher noch, als bei andern Verbrechen, vorauszusetzen geneigt sein sollte, und ich kann, nach den obigen That­sachen, dem ehrwürdigen Hoffmann nicht beistimmen, wenn er sagt: wenn die niedere Bildung der großen Masse des Volkes auch von einer geringern Empfindlichkeit des Ehrgefühls mehrentheils be­gleitet sein dürfte, so scheint ein hinreichender Grund dafür gefunden zn sein, weshalb die Provinzen Preußen und Posen, nebst dem östli­chen Theil von Pommern und Oberschlesien in den Jahren 1820 1839 nur zwischen 100-200 Selbstmorde auf 100,000 Lebende hat­ten, während in den Provinzen Brandenburg und Sachsen nebst