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Tagebuch.
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solchen Werth inif seine Fechtkunst zu legen, man kann sich nicht den­ken, daß dieser wittenberger Philosophiebeflissene viel auf die Mensur sich herumgetrieben hat. Bei Emil Dcvrient findet man dies natürlich. Sein Hamlet ist feurig, trotz aller Reflexion, es ist der junge Hamlet und trotz aller Altklugheit.

Vielleicht schreibe ich Ihnen, wenn das Gastspiel Devrient's zu Ende ist, noch einige Worte über ihn.

IV.

Aus Wien.

Künstlersest. Gemäldeausstellung. Nochmals über das summarische Ver­fahren. Eine Erbschaft. Polizeimaßregel.

Es ist in der That höchst bezeichnend für den hier herrschenden öffentlichen Geist, daß das schöne, sinnige Künstlerfest, welches am 20. Mai, am Geburtstage Albrecht Dürers, von Dr. Melly nach dem Vor­bild der römischen Ccrvarateur veranstaltet worden, fast gar keinen Zu­schauer fand, wahrend das ordinärste Schaustück sein Publicum hat und jede Luftfahrt des Herrn Lehmann regelmäßig Tausende von Gaffern auf allen Plätzen und Straßen versammelt. Das Dürerfest selbst gewann indeß, durch die Abwesenheit eines unbetheiligten Kreises, nur an behag­licher Frische und ungezwungener Heiterkeit und gewährte den Theilneh- mern, 125 an der Zahl, einen recht fröhlichen Tag, der nicht so bald ihrem Gedachtnisse entfliehen mag. Den ganzen Tag über streifte die Gesell­schaft in den herrlichen Gebirgsgegenden umher, die die Hauptstadt im Südwesten begrenzen, und schallender Gesang tönte fortwährend aus den Thälern, welche die lustigen Kunstjünger durchzogen. Der interessanteste Moment war unstreitig der Festzug auf den Kahlenberg, wobei 50 Ma­ler im altdeutschen Costüme erschienen und die muntern Spiele auf dem nahen Leopoldsberge, bei welchen sich ein heiterer Humor gar vielgestaltig entfaltete, boten ein ergötzliches, dem carnevalistischen Leben entlehntes Bild.

Bei dieser Gelegenheit erwähne ich auch zugleich der am 22. Mai folgten Eröffnung des Salons, zu dem 230 Künstler gesteuert haben ^ G<mzen 400 Oelgemälde, 106 Zeichnungen, Kupferstiche und näckss- I 2" Plastische Arbeiten enthält. Ich behalte mir für die beme.?->» !> / R°"lie der Ausstellung vor und will jetzt nur soviel Ausbe. «.ss./!"^ "e diesjährige Exposition keine allzu große artistische .l« d ^wohl in der Regel so lange der Fall sein wird, ^lf ?.^ en M^?' "uf drei Jahre ausgedehnt ist, denn in

zwölf kurzen Monden können unmöglich allerwärtS Meisterwerke entste­hen und schon mancher wackere Künstler hat, von dem Ehrgeiz getrieben, jedesmal im Salon vertreten zu sein, seinen Styl verdorben und mehr als sonst dem Geschmack des Augenblicks gehuldigt.

Eine Stimme aus Böhmen tadelte jüngst in diesen Blättern die