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Tagebuch.
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besoldeten, von der Regierung abhängigen Bürgermeister und Räthe, welche stets pro domo sna nämlich für die Regierungsinteressen stimmten und stimmen, zu entfernen und gewählte Repräsentanten der Städte zu beantragen, wenn auch nicht in Sympathie für das Bürger- thum, sondern mehr wohl deshalb um ein Oppositionselement mehr zu gewinnen, doch ließ man diesen Antrag in letzter Versammlung fallen, welche auch die Regierungsgenehmigung nimmer erlangt haben würde, denn solche radicale Aenderung, als Embryo des Nepräsentantenprincips, könnte weiter greifen welch' Schreckgespenst für Wien! Man be­gnügte sich diesmal, anzuerkennen, jede der vier pragcr Städte, und jede der drei privilegirten Städte sei als besonderer Landstand zu betrachten, durch die bisherigen Repräsentanten im Landtage zu vertreten, und jedem derselben stehe ein Birilvotum zu.

So wird denn künftighin die Negierung auf sieben wohlbesoldete Bürgerstimmen mit Bruhigung zählen können, und die Städte, deren eine im Landtage verfassungsgemäß nicht mehr wiegt, denn ein Herr Ritter, wenn noch so trauriger Gestalt erhalten ihre Repräsentanten von der Regierung ernannt. Herrlicher Fortschritt!

So wäre denn die ständische Opposition, nachdem sie bisher so viel Lärm um nichts geschlagen, gar plötzlich friedsam geworden im Hinblick auf die improvisiere Kaisergarde zu Tarnow, deren todtschlägerischer Hel­denmuth gegen Wehrlose, durch Tradition auch den Bauern Böhmens zu angenehmer Kenntniß gekommen ist, und zur Folge gehabt hat, daß bisher an drei Orten in Prags Nähe die Robotleistung durch Militär­gewalt und rechtliche Stockstreichspenden hat erzwungen werden müssen.

Den Rittern graust etwas vor ihren Hintersassen, und so zerfallt das isolirte Ständestrebm, dem es an jedem Halt gebrach, da es nicht süßen konnte nach unten, da es den Kampf begann nach oben, und die Herren Stände werden wohl in Kurzem wieder darauf reducirt sein, blos ihr Theater zu regieren, dessen Beherrschung ihnen Niemand streitig macht und dem Bürger, dem Bauer wird der zweifelhafte Trost, mit dem Ritter unter gleicher Scheere zu stehen.

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VII.

Vertheidigungsschrist zweiter Instanz für den Schriftsteller Feo- dor Wehl wegen Majestatsbeleidigung.*)

Der Schriftsteller Fcodor Wehl, welcher durch das Erkenntniß des hiesigen königlichen Criminalgerichts vom 8. September er. wegen einer in seiner Schrift:der Teufel in Berlin" angeblich enthaltenen Maje-

*) Herr Feodor Wehl ist so eben auch in zweiter Instanz zu K monatlicher Festungsstrafe verurtheilt worden. Wir theilen hier die Bcrtheidiguvgöschrift mit, die sein Advocat der zweiten Instanz überreicht hat, weil daraus die Futi- lität des Gegenstandes, der in Preußen zu einer Anklage und Berurtheilung we­gen Majestälsbeleidigung Beranlassm'.g gibt, am klarsten veranschaulicht wird.

Die Red.