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herein, die Harfe an der Seite, den Lorbeer aufdem Haupte, kniete er vor seinen Vater hin und sang das Siegeslied, das so viele Herzen erschütterte. Aus des Greises Augen stürzten heiße Thränen, in seinem Herzen regten sich alle Glut und Träume der Jugend. Er warf sich an den Hals des Jüngsten: Ja, Du bist ein Held, ein Sieger, wie sie Alle, und es hieße Gott verläugnen, der Dir seinen Segen auf die Stirn hauchte, wollte ich Dich nachsez- zen. Gehe hin und theile alle ihre Rechte, der Wald gebührt Dir wie ihnen. Gott will es! Als der Ritter und der Junker diesen dritten Gesellen zum erstenmale in ihrem Gehege erblickten, da schlugen sie eine laute höhnische Lache auf und drehten ihm verächtlich den Rücken. Ein Harfenspieler, der es Rittern gleich thun will, ein Lttderkräher, der ein Jäger ist - er ist nicht werth, daß wir darüber uns erzürnen. — Und wieder verstrichen Jahre. Das Schloß des Burggrafen war alt und morsch geworden, manche schwere Fehde hatte gefährliche Nisse in den Mauern zurückgelassen. Da schickte der Alte um den Ritter und den Junker und ihre gesammten Verwandten und Nachkommen. Da wurde großer Rath gehalten, wie das Schloß zu erhalten und zu besestigen sei. Aber dn Geldsäckel des Ritters und des Junkers waren erschöpft von Tournieren und Gelagen, ihre Anzahl war zu klein und ihre Hände zu ungeschickt, und zur Arbeit ungewohnt. Da strömten die andern Sohne, Enkel und Urenkel zu Häuf her- bei. Aus ihren Truhen holten sie die durch langen Fleiß und Mäßigkeit ersparten Gold- und Silberstücke, die Frauen öffneten ihre Schmuckkästlein und holten ihr goldenes Geschmeide heraus, die jungen Bursche schürzten die Aermel auf und trugen Steine und Mörtel herbei, die älteren und erfahrneren nahmen den Cirkel und das Blei und machten Pläne und kunstreiche Berechnungen. Unter fröhlichem Sang und lustigem Getümmel wurde der alte Bau fast neu umgestaltet, die vom Sturme gestürzten Eichen im Forste, die unbenutzt der Fäulniß überlassen wurden, holte man herbei, schnitzte und polirte sie, machte Gerüste, Dächer und Geräthe daraus, die Wolfs- und Bärenfelle, die die Ritter und Junker verächtlich bei Seite liegen ließen, wurden kunstreich in schmuckes Pelzwerk umgearbeitet, theils um den Boden als Teppiche zu bedecken, theils um sie gegen andere Geräthe zu vertauschen, die auf Schiffen her-
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