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Tagebuch.
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Hinneigung zu Rußland verspüren will. Der denkende Theil der Na­tion, der Zeitung lesende, kennt Nußland und dessen Sympathien, z. B. zu Polen, und dem gemeinen Volke sind die Russen so gleich- giltig, wie die Feuerlander; es gibt noch keine Mittelclasse. Bis der Wende nicht selbst eing'strenger Herr" wird, weiß er von Ni­kolaus so wenig, als vom Kaiser von China. Besonders aber wird kein mit den hiesigen Verhaltnissen halbwegs vertrauter Mensch etwa der gegenwartigen Geistlichkeit eine Hinneigung zum Czar (als Katho­likenunterdrücker) zumuthen! Die Geschichte von der Primitz dort (wo nur slavisch gesprochen worden sein soll ic.) ist eine Mysti- sication, die Pflege der russischen Sprache eine reine Erdichtung, wie theilweise auch der Bericht über die Seherin auf sehr unlauteren Quellen fußet. Sehr treffend dagegen und wohl zu beherzigen ist in jener Correspondenz die Mahnung eigentlich Rüge, daß man bemüht sein möge, in windischen Districten auch windische Beamte anzustellen, denn es ist doch immer widersinnig, mit einem Windischen, deutsch zu sprechen und den Mangel an Sprachkenntniß durch Grob­heit, oder eine wichtige Miene ersetzen zu wollen, was häusig, be­sonders beim Militär und bei der Landamtirung geschieht. Das Ver­hältniß des slavischen Oberen zum Untergebenen ist ein eigenes und leider gibt es nirgends so viele Apostaten, als hier. Der Sohn eines wohlhabenden Bauers wird Priester und er läßt sich von Eltern und Geschwistern ganz ernsthaft die Hand küssen, ein Anderer mühet sich durch die juridischen Studien, wird etwa gar Verwalter und läßt sich von den Seinigen, wie von seinen früheren Spiclgenossen, einen gnädigen Herrn" schelten; ja der Bediente, der goldbordirt in seine Heimath kommt, kümmert sich nicht mehr um seine Angehörigen sämmtlich Thatsachen!!!

Wenn es auch im deutschen Militär- und Beamtenwesen (besonders im gegenwärtigen vielschreibenden Geschästszuge) vielen Un­fug gibt, so ist der Slave doch noch viel schlechter daran, als der Deutsche, der Alles prüft und jeder Anmaßung offen entgegentritt, während der Windischc, ganz unerfahren in der Geschäftssprache und im äußeren Leben, sich fügt und nur heimlichen Groll gegen seinen deutschen Unterdrücker hegen wird und so viele Fälle von Bedrückun­gen, die überdies eher erwiesen sein müssen, ehe man klagen darf, gar nie bekannt werden mancher Bauer wüßte nicht, wohin er klagen gehen soll. Die AgramerNovine" ist sehr selten zu finden, und wer sie liest, gehört zu den Aufgeklarten seines Stammes; unsere Zeitschriften aber schweigen von all diesen Umständen. Eigentlich haben wir nur eine (die Grätzer Zeitung), deren wahrste und inter­essanteste Nachrichten hinten stehen, nämlich:Angekommene Fremde", Verstorbene", Fleischtare" ic. Das politische Blatt ist der obligate Abdruck des Oesterreichischen Beobachters, wie alle österreichischen Pro-