Beitrag 
Aufzeichnungen eines österreichischen Militärs. XI.
Seite
309
Einzelbild herunterladen
 

309

hatten Marieschka entweder vergessen oder an Zahlungsstatt zurück­gelassen. Ihr letzter Liebhaber erzählte jedoch ihre Lebensgeschichte anders:

Marieschka ist ein verwunschener Engel. Einige Jahre vor dem Anfange der Ewigkeit, als es Jehovah einfiel, zu seiner Leibwache Engel zu creiren, wurde Marieschka zugleich mit den er­sten Engeln erschaffen. Sie diente unter dem Commando des Erz­engels Michael in dem ersten himmlischen Leibhusaren-Regiment als gemeiner Husaren-Engel. Bei dem Abfall des Satanas und seiner Mitverschworenen, wurde sie statt Beelzebub Corpora! und erfreute sich stets der Gunst aller Vorgesetzten. Man sollte nicht denken, daß im Himmel, am göttlichen Hofe, Chicanen und Intriguen herrschen, und es soll dort Anfangs auch recht ruhig und ehrbar zugegangen sein. Seitdem aber jede» Augenblick allerlei curiose Heilige in Himmel kommen und sich allerhand Gesinde! dort eingeschwärzt hat, ist es manchmal dort zum Teufelholen; besonders seit der Zeit, als Jgnaz Loyola im Himmel ankam. Er hat vom Pabste ein eigen­händiges Empfehlungsschreiben an Gott Vater mitgebracht, und ohn­geachtet aller Cabalen wurde er vermöge seiner jesuitischen Ränke als himmlischer Polizei-Director angestellt. Nalürlicherweise haben sich die Jesuiten der ganzen himmlischen Polizei bemächtiget, und der ihnen nicht schmeichelt, huldiget oder wohl gar ihr falsches Spiel durchschaut, der wird nun denuncirt und verleumdet. Kein Tag ver­geht, wo nicht den Engeln und Heiligen Verweise und Strafen we­gen Nichts und wieder Nichts ertheilt werden, und man muß sich daher gar nicht wundern, daß einmal eine ganze Compagnie Sera­phinen defertiren wollte. Die treulose Schaar wurde aber eingeholt, und der zehnte Seraphin mußte Gassen laufen. Die das Glück hat­ten, dem Gassenlaufen zu entgehen, wurden in andere Legionen ver­theilt und auf die ganze Ewigkeit jedes Avancements-Anspruchs be­raubt. Marieschka hatte das Unglück, bei einer Parade einem Heiligen in die Augen zu stechen. Dieser Heilige verfolgte sie bei jeder Gelegenheit, wo er sich ihr nähern konnte, mit seinen Zudring­lichkeiten. Endlich erdreistete er sich mit Anträgen herauszurücken, die das Ohr eines jeden rechtschaffenen Engels beleidigt hätten. Sie verwies ihm seine brutalen Zumuthungen ganz gehörig. Aber die geistlichen Heiligen legen selbst im Himmel ihre Nachsucht nicht ab,