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Tagebuch.
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niß, ein Unfall, ein Erkranken, setzt ihn den ärgsten Mißhandlungen, der Beraubung, und wenn er kein Gold hat, dem Verderben aus. Oder glaubt man, daß er, dem humanen und gebildeten Kosaken ge­genüber, sich nur auf den Geist des Gesetzes zu berufen braucht? Es scheint nicht, daß dergleichen Rücksichten in Rußland üblich sind. Liegt doch im Ukase selbst eine charakteristische Rücksichtslosigkeit. Mit der körperlichen Unfähigkeit, mit der Hilflosigkeit des Verbrechers steigt ja die Schwere seiner Strafe. Er ist vielleicht zu alt, seine Glieder sind zu steif und ungelenk, um dem Kaiser einen guten Soldaten ab­zugeben: man verwende ihn zur Strafarbeit. Er ist vielleicht zu kränklich, zu schwach, vielleicht ein Krüppel; man schicke ihn nach Sibirien. Weil er nicht zum Soldaten und nicht zum Arbeiten fä­hig ist, muß er fähig sein, das rauhe Sibirien zu colonisiren. Mit seinem Weibe. Natürlich. Sie ist ja nur das Weib eines Juden; wer wird sie erst fragen? Vielleicht hat sie einen Säugling an der Brust, vielleicht einige Kinder; nun, sind es Knaben, so können sie vielleicht später ihren Vater in der Armee ersetzen, die Madchen wird man ihr wohl mitgeben. Dann trägt sie wenigstens zur Be­völkerung Sibiriens bei. Vielleicht ist es eine 'alte Jüdin. Was schadet das? Unsere krankhafte Sentimentalität malt sich dergleichen Alltäglichkeiten gleich mit schwarzen Farben aus: ein gesunder Russe lacht blos, wenn er das komische Gespann, den schmutzigen alten Ju­den mit weißem Bart und die kopfwackelnde alte Jüdin, abfahren sieht nach Sibirien. Sie können dort Philemon und Baucis spie­len; schon dieser Gedanke ist allerliebst.

IV.

Notizen.

Rombcrg's Kunstlcxikon. Polkapropaganda- Thorwaldscn's Tod. Zopf undGchwcrtin Prag.Marburg. Der Borwäctscorrespondent.Deutsche Dramen m England. Der Dampf als Mäccn. Der Schwancnorden

als Seeschlange.

^ Das Conversationslerikon für bildende Kunst (Leipzig, Rom- berg's Verlag) ist, da Sulzers und Jeittelles Werke ganz veraltet sind, ein verdienstliches und der Unterstützung des Publicums würdi­ges Unternehmen. So weit sich bei der noch geringen Ausdehnung desselben (fünf Lieferungen bis Antilochus) darüber urtheilen läßt, ist es eine sachkundige Zusammenstellung der gewonnenen Resultate in Kunstgeschichte, Kunsttopographie, Künstlerbiographien, Mythologie, Aesthetik, in Kunsttechnik und den Hilfswissenschaften der Kunst. Hie und da laßt sich noch ein fester Gesichtspunkt über das, was aufzu­nehmen und wegzulassen ist, vermissen, wie in dem Artikel Aetolien,