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Tagebuch.
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T a g e b u ch.

1.

Briefe aus Wien.

Die Schriften über Oesterreich. - SittliChkeit und Unsittlichkeit. ^ Wozu es gut ist, weniger geistreich zu sein. - Böhmen und seine Zukunft. - Der iu- ridisch-politische Leseverein. - Aesthetische Gesellschaften.. - Die Gesellschaft von Aerzten. - Keine Akademie.

Es ist wieder eine neue Schrift bei Hoffmann und Campe erschie- nen, die man in Massen hierher versendet hat; sie führt den Titel: ,,Briefe aus Wien von einenr Eingeborenen." Diesmal aber werden die Exemplare wohl den Krebsgang machen und dahin zurückkehren, woher sie gekommen sind. Das Buch scheint ein Abklatsch vonCorrespondenzartikel^n zu sein, die früher in manchen kleinen norddeut- schen Journalen ohne literarische und noch grringerr publicistische Be^ deutung gestanden haben. Das Glück, welches ,,Oesterreich und seiue Zukunft" gemacht hat, ist ein Lockvogel geworden, der das kleine lite- rarische Geflügel, das sich in Wien herumtreibt, reizt, gleichfalls sein Glück unter Campescher Firma zn versuchen. Uber ,,Oesterreich und seine Zukunft'' verdankte seinen Eindruck dem Umstand, daß ein Mann es geschrieben hatte, ein Mann mit klarem Bewußtsein seines Zweckes, ein Mann, der eine Partri vrrtrat, quoique oder vielmehr parceque er ein Aristokrat ist. Er richtete seine Pfeile gegen die Verwaltung, aber es fiel ihm nicht ein, den Volkscharakter zn schwächen. Seine unreifen Nachbeter aber suchen nur Scandal und es ist ihnen ganz gleich, wo-^ hin sie mit ihrem plumpen Plumpsack schlagen, wenn nur 'der Staub auffliegt. Was man über Oesterreich zu sagen hat: das österreichische Volk sollte man hoch in Ehren halten. Wer sich bemüht, eine tren-^ herzige, kernige und edle Nation zu schwähen und, statt ihr Nationalge^ fühl in Mitte der sie umgebenden uichtdeutschen Stämme zu stärken, sie niederdrückt und verleumdet, der ist ein Verräther, dem man den Rücken kehren muß. Der Verfasser jener Brochüre erzählt von den Wiener Freudenmädchen, von einem vornehmen Herrn, der eine Beamten-^