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Der deutsche Adel als Lesepublicum.
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Der deutsche Adel als Lesepublicum.

Niemals gab es in der deutschen Literatur so viel Adel als jetzt, und doch war die deutsche Literatur niemals so wcmg unter dem Adel als eben wieder jetzt. Ucbcrschaut die schöngeistigen Produk­tionen, unter drei Verfassern ist der eine ein Adeliger; tretet m den Buchladen, unter zwölf Käufern sind eils Bürgerliche. Der deut,che Adel sieht scheel und mürrisch drein, wenn die Regierung irgend einem närrischen, aber fleißigen Industrien,anu, der dre Schwachheit hat, mit einemvon" prunken zu wollen, das gewünschte Spielzeug schenkt, aber er vergißt, daß der neue Eindringling nur Revanche nimmt dafür, daß so viele Adelige in seinen Stand sich emgedrangl haben. In den vorigen Jahrhunderten war der Grand Setgmur Consument; er ließ seinen Reichthum, seine Revenüen unter die flei­ßigen Bürger fließen, er war der Käufer für all die LmuSdmgc m dessen Magazinen; sein waren die kostbaren Gemäldegalerien, die machtvollen Privatbibliotbckcn, er Halle seine Musikkapelle, wie er Wne Hauölieseranten hatte. Er drückte vornehm lächelnd das Auge 5", wenn man ihn einen Gegenstand theurer bezahlen ließ, ja er suchte seinen Stolz darin, daß'er überzahlte; diesem Grand Seigneur lleß man seine Grandezza gerne, er war beliebt bei dem fleißigen Krämer und Handwerker, der von ihm lebte. Nun aber hat er eine andere Richtung genommen. Er wetteifert mit dem Bürgerlichen au Sparsamkeit, an Knickerei sogar. Wo man früher vonfürstlicher Pwcht" sprach, bedient weit wohlfeiler ist. D, man die Frau Gräfin i ihre Einkäufe selbst beso

bei Banquiers n»d Großhändlern. Die Privatkapcllmcilter wcrvcn, u ein Thaler das Billet, angehört, oder noch häufiger gar nicht ge­hört. Noch findet man in den alten Palais die Prachtbibliothelen.

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