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Skizzen aus Berlin. I.: die Geheimnisse von Berlin.
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der Noth des Lebens und der Verhältnisse? Fällt es Dir gar nicht ein, wie zahllose Geheimnisse verborgen liegen müssen unter dieser wahnsinnigen Fröhlichkeit, unter allen diesen Masken, diesem Flttter und Putz? Mitten also in Deinem Vergnügen, in Deinen Freuden umgeben und umschwärmen sie Dich, die Dir noch unbekannten, von Dir unbeachteten Geheimnisse von Berlin; Du magst Dich drehen und wenden, wohin Du willst, thue nur die Augen auf, Du wirst sie finden. Meinst Du etwa vor ihnen in Deine vornehmen, ele­ganten Zirkel fliehen zu können? Hier erst Hausen sie in ihrer schrecklichsten Gestalt, hier siehst Du, statt des augenfälligen, offen- baren, das verdeckte, das glänzende Elend, die gleißende Sünde, das geschminkte Laster, die ganze Noth und Angst gedrückter, verkümme» ter, verzweifelter Verhältnisse unter dem Schimmer des sogenannten guten Tones verborgen. Man lacht hier mit dem Dolch im Herzen, singt und tanzt mit der Thräne im Auge, der Verzweiflung in der Brust, umgibt die häusliche Tragödie mit der Mästender Heiterkeit, der Geselligkeit und des Scherzes; nicht etwa aus freiem Entschluß, weil man, wie der rohe Haufe da, sich betäuben, vergessen will, son­dern weil man muß, weil der Ton es so gebietet. Sieh Dir doch nur diese verschiedenen Gestalten und Gesichter genau an, beobachte, ftudire sie, ihre Züge, ihre Bewegungen, ihre Blicke, ihr Benehmen und Wesen, forsche, frage, erkundige Dich dann, Du wirst oft ge­nug Mühe haben, Dein Erstaunen zu mäßigen. Hier ist der Ort, wo Du Dich am allerwenigsten von dem ersten Eindruck, von der Außenseite blenden lassen darfst; da siehst Du freilich Nichts als Glanz und -Pracht, Freude, Jubel und Wohlleben, lauter glückliche, reine Verhältnisse, Alles in Liebenswürdigkeit und Glätte aufgelöst; aber versuche es nur, den schönen Schleier ein wenig zu lüften, darunter erst lauert die Gemeinheit, das Elend, der Jammer, das trostlose Unglück in seinen verschiedensten Gestalten als ein stummes, ein nie an das Licht des Tages tretendes Geheimniß. Gern möchte ich Dir sogleich, da Du mich so ungläubig ansiehst, mit einigen saubern Beu spielen aufwarten, doch habe ich die Absicht, Dich erst später speciell in diese Kreise zu führen. Du lebst und webst in ihnen und kennst sie noch nicht von ihrer wahren Seite, wie Du überhaupt in Berlin lebst, von und über Berlin sprichst und weder sein Leben, noch seine Verhältnisse kennst und begriffen hast. Du willst von Allem nur den

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