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Eine politische Satyre.
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Das folgende Jcchr war durch zwei andere Verbindungen merkwür­dig, wodurch das Haus Orleans zu einen: souveränen wurde, nnd wel­che bewiesen, wie hoch der Herzog von Orleans durch sein cdelmüchigcs Benehmen und seine bewundernswerthe Treue iu der öffentlichen Achtung stand. Der Herzog von Nemours heirathete die Königin Victoria, und er­hielt mit ihr den Thron von England unter dem Bcifalle des katholischen Irlands. Die Prinzessin Clementine hcirathcte den Prinzen von Asturien, Präsumtivcrben der spanischen Krone.

Damals trug sich eine sonderbare Geschichte zu, wodurch die Litera­tur beinahe eine ihrer größten Berühmtheiten, und die Universität ihre schönste Zierde verloren hätte. Der gelehrte Professor Guizot las den po­litischen Noman, den ich oben erwähnt habe, und konnte nicht umhin, ihn immer von Neuem zu lesen. Er war unwillig über die abscheuliche Rolle, die man ihn in diesem Werke der Phantasie hatte spielen lassen. Man hatte darin nämlich erdichtet, er sei in Folge parlamentarischer In­triguen mehrmals Minister geworden, er habe ,/unbarmhcrzige Befehle" er­theilt, und durch "Einschüchterung" regieren wollen. Er sollte meuchle­risch die Hand an die Freiheit der Presse gelegt haben, und man griff seine Ehre als guter Bürger dergestalt an, daß man behauptete, er sei. ein gefälliges Spielzeug in den Händen der englischen Diplomatie gewesen, Herr Thiers habe ihn znm Gesandten ernannt, er habe ihn verrathen, um ihn zu stürzen, nnd seine Stelle einzunehmen. Herr Guizot riß sich vor Verzweiflung die Haare aus, er phcmtasirte lange im Fieber, und rief un­aufhörlich:Nein, alles ist erlogen, ich bin kein tugcndstrcnger Jntriguant, ich bin kein schlechter Franzose!"

Man mußte ihn? reichlich zur Ader lassen, kalte Douchebädcr anwen­den, und ihn im Auge behalten. Der gelehrte Doctor Blanchc meinte, mau solle ihm seinen langen Profcssorsrock anlegen, ihm das viereckige Barett aussetzen, und ihn so vor den Spiegel stellen. Dieß hatte ganz guten Erfolg. Da der Kranke sah, daß er noch Professor sei, so vergaß er, daß man unterstellt habe, er sei Minister. Er kam wieder fast ganz zu Sin­nen, und weinte vor Freuden, daß ihn, Gottlob, nur der Alp gedrückt habe. Auch verlangte er eine gewisse Genugthuung, und beschloß das Journal des D6bats wegen Calumnie anzuklagen, weil es den politischen Noman aufge­nommen hatte. Das Journal wurde einstimmig verurthcilt, und verlor seine Abonnenten, was ihm mehr Schmerz verursachte, als die Verurtheilung. Das ist das einzige Beispiel eines Preßprocesses in diesen eilf Jahren.

Und nun möge man diese beiden Geschichten vergleiche^ und wählen.

Nach der einen ist Frankreich groß, mächtig, reich und glücklich; nach der andern ist es klein, schwach, arm und unglücklich. Dort rst der Her-