1«>0
Belgien gefährdete, dann würde es nicht mehr nöthig haben, auf dem mühseligen und schwere Aufopferungen kostenden Weg eines Handelsvertrags sein Ucbergewicht in Belgien zu sichern. Eine nur etwas bedeutsame gefährliche Bewegung — und cs fliegt herbei mit seinen Hcerhaufcn und bietet Belgien das Schauspiel eines großmüthigen Schutzpatrons, wie der Fuchs, der die Küchlein beschützt, weil sie noch uicht reif für seinen Appetit sind.
Man sage nicht, daß wir übertreiben. Wir haben es gesehen, wie Frankreich seine Heeressäulen bei dieser Gelegenheit an der belgischen Grenze zusammenrief, und dieses geschah nicht etwa in dein ersten Augenblicke, wo es durch die Nachricht von der entdeckten Verschwörung in Brüssel überrascht wurde, nein, viele Tage nachher, nachdem es längst die Gewißheit hatte, daß jene Umtriebe haltlos, bodenlos, vcrstandloS, bedeutungslos waren. Was wollte es mit dieser Truppenbewegung bezwecken? Bei dem besten Willen muß man gestchen, cs war nichts als eine, prahlerische Protektionsmiene, eine lächerliche Manifestation, die ohnge fähr der gleicht, mit welcher ein zweideutiger Freund uns seine Börse anbietet, in dem Augenblicke, wo er sicher ist, daß wir ihrer nicht bedürfen.
Warum hat Preußen keine Regimenter an die Grenze beordert? Preußen, dem ohnstreitig eben so sehr an der Erhaltung des Friedcnözustandcs gelegen ist, als dem „friedliebenden" Frankreich; Preußen, das Gelegenheit gehabt hätte, seinem holländischen Nachbar dadurch eine Manifestation seines UnmuthS zu geben — warum hat es Preußcn unterlassen? Weil cs dem deutschen Charakter nicht angemessen ist, mit Gunstbezcugungcn zu rcnom- mircn, und die Gelegenheit, bei dcn Haaren herbeizuziehen, um sich eine unzcitigc Wichtigkeit zu geben, die eben so prahlerisch als beleidigend ist.
Wenn Frankreich Freundschaftsbeweise für Belgien an den Tag legen will, so soll es dic hohcn Zölle herabsetzen, mit welchen cs seine Leinwand, seine stöhlen, seine Waffen- und Eisenerzeugnisse belegt, es soll aufhören, in seinen Journalen Belgien als einen Staat zu behandeln, den cs als ein mit der Zeit ihm zufallendes Erbe betrachtet, es soll aufhören, den bedächtigen Flamänder, den betriebsamen Wallonen stets vornehm zu bespötteln, cs soll aufhören, die ehrenhaften Bemühungen der belgischen Li- teratoren gänzlich zu ignorircn. Dann werden wir cs glauben, daß Frankreich für Bclgicn Freundschaft besitzt, Freundschaft im cdlcrn Sinne, Freundschaft ohne innerliche Berechnung, Freundschaft die wahren Wein und nicht gefärbtes Wasser dem Freunde zutrinkt. —
' Was uns bei Gelegenheit dieser Umtriebe ernst stimmte, das war keineswegs das Getümmel selbst, als vielmehr das Echo, welches es im Ausland erregt hat. Belgien hat in wenigen Jahren eine große Schöpfung an sich selbst vollendet, es hat seine Industrie herangebildet, es hat seine alte