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mer das Relative, die gesellschaftliche Anwendung im Auge. Das Bruchstück über die religiösen Orden, welches wir hier mittheilen, spricht einer von der Gesellschaft aufgegebenen Sache das Wort, aber die socialen Ideen die darin ausgesprochen sind, sind darum nicht minder wahr und interessant, sie bilden einen Nebenzweig jener revolutionären Specnlationcn der Fourricristen und Communisten, denn Lacordaire, der Priester, ist wie Lammenais ein politischer Heißsporn, aufstachelnd und umwälzungödurstig:
,/Fast alle europäische Gewalten, Könige und Zeitungsschreiber, Abso- lutistcn und Liberale, stehen in Reib und Glied gegen jede freiwillige Selbstaufopferung und noch niemals hat man so viel Furcht gehabt, vor einem Manne, der barfuß und mit einem groben leinenen Sacke cinhergeht, wie jetzt. Wären die geistlichen Orden wie ehemals Besitzer großer Güter, die sie unter dem Schutze der Gesetze erhielten und vermehrten, wären ihre Gelübde nach wie vor von der Staatsgewalt anerkannt, so könnte man jenes Zetergeschrei begreifen; bei dem jetzigen Stand der Dinge aber wird es Niemand verstehen."
„Das Unerklärliche liegt für Viele darin, daß Männer, müde der materiellen Leidenschaften und Eitelkeiten, und für Gott und die Menschen von einer Liebe erfüllt, die sie sich selbst vergessen macht, sich in einem Hause vereinigen und da ohne irgend ein Vorrecht zu genießen, und ohne durch ein vom Staate anerkanntes Gelübde gebunden zu sciu, mit 500 Franken jährlich leben, und mit einem Dienste sich beschäftigen, den die Welt nicht immer begreift, der aber auf jeden Fall Niemanden wehe thut. Für diejenigen, welche erzogen sind am Busen der Welt, liegt in einem solchen Entschluß etwas Unerklärliches. Man stellt uns frei nach Aemtern und Ehrenstellen zu trachten, auf das Schicksal der Welt Einfluß zu üben durch Besprechung der wichtigsten Zcitfragen; alles dies gesteht sie uns zu; bitten wir aber um Erlaubniß, da wir von den göttlichen Elementen durchdrungen sind, die auch diese Zeit bewegen, den Eingebungen unseres Glaubens zu folgen, Nichts zu begehren, in Armuth mit einigen glcichgefinnten Freunden zu le- bcu, — da fühlen wir uns überall gehemmt, verhöhnt und geächtet!"
„Trotzdem verzweifeln wir nicht, im Vertrauen auf Gott, der uns berufen hat und auf uuse-r Vaterland."
„Dem, die geistlichen Orden haben in Frankreichs Boden feste Wurzel.. Trotz aller Hindernisse sind deren immer neue entstanden. Vom Staate blos einfach geduldet, habeu sie von gemeinsamer Arbeit im Dienste der Barmherzigkeit uud Liebe gelebt, und hat man sie auch vou außen her angegriffen, so hat doch seit 40 Jahren keine Unbill ihren Pforten sich genaht, wie auch niemals ein Skandal ihre Schwelle überschritten hat. Solche außerordentliche Tätigkeit auf so veränderlichem Boden muß ihre Gründe haben.
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