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Literarische Uebersichten vom Standpuncte der Gesellschaft. 2. : Fürst Lichnowky und seine Erinnerungen.
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andererseits durch manche Offenbarungen und Enthüllungen solcher Kreise, welche dem demokratischen Schriftsteller unzugänglich sind. Tritt noch dazu der aristokratische Schriftsteller mit so reichen Mitteln und so frischen Farben uns entgegen wie hier, dann wäre ein Krieg aus mißverstan­denen: Liberalismus ein eben so großes Unrecht gegen die Person als ein Vergehen gegen die Genossen der Literatur überhaupt.

Man hat diese Erinnerungen aus Spanien von allen Seiten geplündert; von der Augsburgcr Allgemeinen bis auf die Kölnische Zeitung haben sast alle Journale lange Auszüge daraus gebraucht. Wir wollen nur einen klei­nen Theil an der allgemeinen Beute haben und einige kurze Schilderungen der Person des Don Carlos ihr entnehmen.

Es war ein Uhr geworden, vier und zwanzig Hautboistcn ließen sich während der königlichen Tafel vernehmen. Carl V. nach alispanischer königlicher Sitte stets allein um diese Stunde; der dienstthuende Kmnmerherr klopfte an die Cabinctsthüre und rief:8<!n«rl 1» 6c>im<l!>," worauf sich der König in das Tafelzimmcr begab und der Hof-Caplan, damals der bekannte Pfarrer von los ArcoS, Don Juan Echcvcrria, das Tischgebet hielt. Die niedere Dienerschaft trug die Schüsseln bis an die Thüre, wo die Kammer­diener (a^mla «I« lüinnara, t^ulilslwinml!« oriüu.'tli.'es) sie übernahmen und

den Kammerhcrrcn, die den König umstanden, einhändigten. Diese hatten allein das Recht die königliche Person zu bedienen. Wer Kmnmcrhcrrn-Nang 0lr.i.,Z-,) hatte, genoß den Vorzug, den König essen zu sehen. Wenn man, an deutsche Hofsitte gewohnt, zum ersten Mal mitten in diese leben­den Traditionen altspauischer Etiquette versetzt wird, kann man sich eines son­derbaren Gefühles nicht erwehren, besonders wenn es in Baucrhüttcn ist, daß an deren Ausübung so streng gehalten wird. In den düsteren weiten Hallen des Escurial mögen sie sich gewiß besser ansnehinen, obgleich Deutsche sich an gewisse Dinge nie gewöhnen werden. So zum Beispiel sah ich in Andoain zwei Männer, die Obersten-Galons trugen, mit Schüsseln herum­gehen; es waren die Kammerdiener des Königs, während einer seiner Kammcrherrcn, der Marquis del Moncsterio, Capitains-Unifvrm trug. Der Kammerdiener des Jnfanten Don Sebastian, der auch an der Person seines Herrn allen Dienst seines Postens verrichtete, setzte sich nach vollendeter Toilette Seiner Königlichen Hoheit mit zu Tische, freilich am untersten Platze, dein Jnfanten gegenüber. Er war Rittmeister und hatte den sonderbaren Namen L«»«.!«' ^ Q»!«-ulo (Kaninchen und Ragout), nach der spanischen Gewohnheit den Namen der Mutter dem väterlichen beizufü­gen. Ueber dieses Zusammenleben mit der Valetaille erzählte mir einst der ebenso geistreiche als liebenswürdige königlich sächsische Gesandte zu Paris, Herr von Könneritz, folgende Anccdote. Wenn Ferdinand VII. von