115
gießen, das in allen deutschen Herzen entbrannt war, so unterschied sie sich von der andern liberalen Nichtuug nur darin, daß sie die Aeußerungen des erwachten Nationalgcisteö nicht sogleich, nachdem die Gefahr verschwunden war, bis auf ihre letzten Spuren ncutralisiren wollte. Auch die andere Richtung zeigte ihre patriotische Begeisterung, wo es ihr nur möglich war. Die badischc Ständckammer bewilligte einstimmig eine außerordentliche Summe für die vorgehabten Kriegsrüstungen. Aber in ihrer Ängstlichkeit glaubte sie, die Nation möge in ihrer Demonstration gegen Frankreich auch die Unschätzbarkeit der Güter verkeimen, die dieses Land in seinen politischen Instituten besitzt, bemühte sie sich alsbald, nicht etwa blos die deutschen Antipathiecn gegen Frankreich zu überwältigen, sondern den Geist selbst zu schwächen, worin jene Antipathiecn ihren Ursprung gefunden haben.
Die Parthei der Einheit hat dagegen in jenen Demonstrationen des Volksgeistcs das dieselbe anregende Material in eine dauerhafte Forin zu bringen gesucht, und es ist noch nicht an der Zeit, zu untersuchen, ob und in wiefern es ihr gelungen ist. So viel ist gewiß, das Feuer der Begeisterung von 1840 mag nun verglommen sein oder nicht, eine wohlthätige, belebende Wärme ist davon zurückgeblieben.
Während andere Nationen schon durch die verkettende Gewalt der Centralisation, man möchte sagen maschinenmäßig, zur Einheit hingetrieben werden und so eine unwiderstehliche Kraft auf die Entwickelung ihrer politischen Zustände verwenden können, muß Deutschland beständig vorerst dahin arbeiten, sich einen solchen Centralpunkt zu schaffen. Dieser Centralpunkt soll und kann für jetzt nur ein innerer, ein geistiger sein. Hat er sich einmal gebildet, so wird ihm auch ein geistiger Schopfungstrieb inne wohnen, von allgemeiner nationaler Energie und Wirksamkeit. Eine isolirte, durch Thatsachen des Zufalls und der hervorstechenden Gewalt einzelner Männer gebildete, noch so liberale Verfassung in einzelnen deutschen Staaten, ist von secundärer Bedeutung, sie sei denn ein Produkt des politischen Bildungstricbes der Gesammt- nation, oder insofern, als sie auf den Geist der ganzen Nation anregend wirkt. Sonst kann sie blos dazu dienen, dem einzelnen Lande gewisse Privilegien und Prärogative juristisch zu garantiren.
Man mißverstehe uns nicht. Was inzwischen der einzelne Staat im Sinne des Fortschrittes gewinnt an äußeren Instituten, an repräsentativen Elementen, an Erscheinungen lokaler Öffentlichkeit, das betrachtet die nationale Partei als dankcnöwerthe Abschlagszahlung auf eine große Schuld, die das Vaterland dem Gotte der Freiheit und Civilisation abzutragen hat. Sie betrachtet es aber mit noch größcrem Dankgcfühle, als ein ihr geliefertes Mittel zu ihrem Zwecke: der Schöpfung einer nationalen, öffentlichen Meinung, als Werkstätte der Einheit und Freiheit, überzeugt, daß ganz andere Früchte sprossen, weit Herr-