Contribution 
Die Tragödie Dantes.
Page
231
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Die Tragödie Dantes.

231

Verbannter seit Jahren theoretisch anruft (in der Schrift I)s Aons-redia,), es verlockt eines Tages plötzlich, ohne jeden äußern Antrieb den abenteuerlichen Geist eines kleinen Grafen von Lützelburg, dem der Dolch eines Vatermörders (Johannes Parricida tötete Albrecht den Zweiten) unverhofft, im Jahre 1308, den Weg zum Throne Deutschlands bahnt. Mit der glühendsten Begeisterung verfolgt Dante den Römerzug Heinrichs des Siebenten; die eigne Vaterstadt Florenz will er der Vernichtung weihen, da sie sich mit den andern Städten Italiens dem Kaiser widersetzt; und selbst als ganz Italien befreit aufatmet, da der Tod den Eingedrungenen am 24. August 1303 dahinrafft und die Hohen- staufenideale für immer begräbt, giebt Dante seine Ideale nicht auf und bleibt ihnen getreu bis an sein Ende. Eine Utopie war es, die er träumte, aber wir dürfen nicht vergessen, daß sie ihre Quelle in einem hohen und edcln Gedanken hatte: die Einheit des Menschengeschlechtes, die Zusammengehörigkeit der großen christlichen Familie,der Friede, die Gerechtigkeit und die Freiheit auf Erden," welche er in der gährenden politischen Epoche seines Lebens allüberall vermißte, das ist es, was Alighieri mit der Wiederherstellung des heiligen römischen Reiches zu erlangen suchte. Gewiß, er hat sich über das Mittel getäuscht, aber das Ziel war erhaben, ewig wahr, würdig, eine solche Seele zu entflammen. Sein politisches Ideal war eine der trügerischsten Illusionen, die je einen Geist berückt, dieser Wahn lastet mit seinem seltsamen Schatten auf der ganzenheiligen Dichtung," er drückt ihr den Stempel unsagbarer Trauer und ergreifenden Schmerzes auf. Die Anhänglichkeit an die Vergangenheit, das Alte ist das gemeinsame Erbteil poetischer Geister. Aber Dante ist nicht der einfache Sänger einer schönen heroischen Vergangenheit, er ist der letzte Kämpfer derselben, der sterbende Ritter einer zukunftslosen Sache.

Und merkwürdig! Der glühendste Verteidiger der Vergangenheit wurde sich selbst zum Trotz der mächtigste Förderer der modernen Zivilisation! Hat nicht dieser Kosmopolit ein nationales Idiom für das italienische Volk geschaffen? Hat er nicht die lateinische Sprache, das unentbehrlichste Werkzeug der Welt­monarchie entthront? Ist es uicht auch Dante, der jene Verbindung der klas­sischen und christlichen Welt inaugurirt hat, welcher später der große Gedanke der Renaissance wurde? In derMonarchie" findet man, wenn man sie von allem ablöst, was Illusion und Chimäre daran war, eine klare und genaue Doktrin über die Befugnisse und Unabhängigkeit der bürgerlichen Gewalt gegen­über der religiösen; da ist er förmlich Revolutionär. Aber der entschiedenste Neuerer ist vor allem Alighieri gerade als Mensch, als jene mächtige, stolze, einsame Persönlichkeit, die ihr Wort über alle Dinge der Zeit spricht er verkündet die Souveränetüt des Genies.

So war Dante konservativ durch seine Überzeugungen und Neuerer durch sein Genie, er hat die Geister heraufbeschworen, die er zu bannen wünschte, das Kommen einer Ordnung der Dinge beschleunigt, die er mit allen seinen