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Das soziale Königtum.
Unfall sind imstande, seine Existenz und die seiner Familie dauernd zu vernichten. Mit französischer Effekthascherei, aber trotz aller Roheit mit ergreifenden Farben hat Zola in seinem Roman „Assommoir" die schrecklichen Folgen von Krankheit und Unfall eines Arbeiters beschrieben. Denn Hand in Hand mit der Zerstörung des materiellen Wohlstandes geht das sittliche Elend und die geistige Verkommenheit. Das soziale Königtum hat durch das Krankheits- und Unfallversicherungsgesetz diesen schweren Gefahren vorgebeugt. Dem Arbeiter ist das Vertrauen auf die Zukunft gegeben, soweit eben menschliche Sorge für die Zukunft Vorkehrungen treffen kann. Gleichen Schritt mit diesen Maßregeln hielten die Bestimmungen der Gewerbeordnung über den Ausschluß der Kinderarbeit, über die Einschränkung der Arbeit von jugendlichen Personen und Frauen. Die weiteren Pläne sind bereits bekannt; die Ausdehnung des Unfallversicherungsgesetzes auf die Betriebe, welche den Segnungen desselben noch nicht teilhaftig geworden sind, hat bereits eine konkrete Gestalt angenommen; eine Sicherung der Arbeiter gegen Invalidität und Alter ist bereits als nächste Sorge der Reichsregierung öffentlich verkündet und wird ihre Verwirklichung finden. Was der Abgeordnete Bamberger in seiner sarkastischen Weise als „Phantasien eines geistreichen und unruhigen Kopfes" bezeichnet hat, ist bereits zum großen Teile zur That geworden, und bewundernd schauen die fremden Nationen auf das deutsche Volk, welches unter einem hochherzigen Monarchen und einem großen Staatsmanne mehr geleistet hat, als sich je die sozialistischen Wunderdoktoren haben tränmen lassen.
Übersehen wir die bewunderungswürdigen Leistungen der Vergangenheit und werfen wir nun einen Blick in die Zukunft, so müssen wir in der That bekennen, daß die Hoffnungen Lassalles von dem sozialen Königtum bei weitem übertroffen sind. Dieser Mann, der soviel Ähnlichkeit mit seinem Helden Ulrich von Hütten hat, würde gleich diesem, wenn er noch lebte, ausrufen: „Es ist eine Lust, zu leben." Er würde heute freudig dem sozialen Königtum das Banner vorantragcn und sich zu demselben bekennen.
Von dem Ausfall der Wahlen wird es abhängen, ob die großen Ziele ihrer baldigen Erreichung entgegengehen; fast alles liegt in der Hand des deutschen Arbeiters, hängt davon ab, ob er noch unter dem Banne der sozial- demokratischen Charlatane steht. Vieles liegt auch in der Macht der besitzenden Klassen, ob sie Versöhnung mit ihren Brüdern wollen oder bei der alten manchesterlichen Anschauung verbleiben nnd um einen kurzen Genuß der Gegenwart die Güter der Zukunft aufs Spiel setzen wollen. Die Segnungen der von dem sozialen Königtum angebahnten Reformen sind nicht bloß für das lebende Geschlecht bestimmt, aber es wäre traurig, wenn dies Geschlecht wie die Kinder Israels in der Wüste des öden politischen Parteilebens aussterben müßte, ohne das gelobte Land, das ihnen verheißen ist, auch nur mit einem Fuße zu betreten.")
5) Wir sind zu diesem Aufsatz durch eine Broschüre, eine Wahlschrift: „Das soziale Königtum. Ein Ausspruch Lassalles und die soziale Praxis Kaiser Wilhelms" veranlaßt