Literatur.
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geht, welche Frcinkl als Auszüge „Aus den Gedenkbüchern cnn Sand" an die Spitze des Büchleins stellt. Aber die Bemerkung K. Th, Heigels (Neue histor. Vortr. u. Aufs. 1883, S. 221): „Hofer und seine Freunde sind nicht deutsche Helden; der Gesichtspunkt, daß es sich um deutsche Ehre handle, war ihnen völlig fremd," findet ihre Bestätigung in dem schönen Volksliede, welches S. 110 mitgeteilt wird: „Ach Himmel, es ist verspielt" — einem echt historischen Liede, welches wahrhaft und den Thatsachen getreu in jedem Worte ist, die politische Stimmung und den gläubig-frommen Geist des kämpfendes Volkes so treffend wiedergicbt, daß kein Kunstdichter es besser vermöchte. Da fehlt aber jeder Ausblick auf die allgemeine deutsche Not: nur von Tirol und Kaiser Franz, der den Hofcr „verlassen ganz," ist die Rede. Es ist die Klage des Gefangenen über seinen Tod und dessen Ursache: „Mich General vom Land, den führen sie itz gefangen, meinen harten blutigen Schweiß hat man nicht angenommen; sie führen mich aus dem Land mit größtem Spott und Schcmd." Das Volk wußte doch sehr gut, wie „die großen Herrn im Land" mit ihm verfahren sind.
Den Gedichten sind angehängt Aktenstücke aus dem Prozesse, welcher auf höchsteigne Initiative des Kaisers Franz den braven Offizieren gemacht wurde, die am 9. Januar 1823 die Gebeine Hofers in Mantua heimlich ausgegraben und nach Tirol gebracht hatten — bekannte Dinge. Höchstens daß man dnrch die ganze ausführlich mitgeteilte Verhandlung mit einigem Vergnügen die edle Gesinnung der mit der Führung des Prozesses betrauten Persönlichkeiten hinter all dem bürecm- kratischen Schwulst beobachten kann. Es war keine Kleinigkeit, den Kaiser zu überzeugen, daß da kein strafwürdiges „Verbrechen" vorlag. Aber, wie gesagt, auch dies war bekannt. Dies also das neueste Hofcrdenkmal „im Liede."
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Literatur.
Über die Beziehungen Chr. Garvcs zu Kant nebst mehreren bisher ungedruckten Briefen Kants, Feders und Garves. Von Dr, Albert Stein. Leipzig, Dcnicke, 1884.
Seit der Ruf: Zurück zn Kant! maßgebend für die philosophischen Bestrebungen geworden ist, erscheinen von Jahr zu Jahr Schriftcu, die zum Verständnis der Kantischen Philosophie beitragen wollen, das Anfechtbare daran bescheidentlich ins Licht stellen, das Bleibende und Unwiderlegliche mutig verteidigen. Dieser schon stattlichen Reihe monographischer Veröffentlichungen schließt sich auch die vorliegende, mit großem Fleiß und klarem Urteil ausgearbeitete Schrift an. Der Verfasser hat sich die Doppclaufgabe gestellt, eine „gerechtere Würdigung" des wenig gelesenen und oft falsch beurteilten Popularphilosophcn Gnrve (gestorben 1798 in Breslau) und einen „Beitrag znr Geschichte des Kantischen Kritizismus" zu liefern. Irren wir nicht, so war das zweite wohl die Hauptaufgabe, die eigentlich den Verfasser zur Arbeit trieb, das erste folgte dann von selbst nebenher. Früher hatte ein Beurteiler (K. G. Schelle) Garve einer „fast beispiellosen" Blindheit Kant gegenüber beschuldigt, ein andrer (E. F. Vogel) ihm unter den Beurteilern und Gegnern Kants die größte „Unbefaugeuheit, Ruhe und Umficht" zugeschrieben. Stein zeigt — und damit dürfte die Sache für immer abgeschlossen sein —, daß die Wahrheit in der