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Die Engel auf Erden : Roman : aus dem Italienischen : (Fortsetzung.) 9.
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Die Lngel auf Lrden.

sich hatte, wogegen Ew. Majestät nur von dem ephemeren Heere einer unge­ordneten Republik bedroht wird, welche über kurz oder lang sich selbst zer­fleischen wird und in Stücke fallen muß.

Aber dies war der Punkt, in welchem sich der getrene und loyale Bar­volini irrte. Viktor Amadeus der Zweite fand sich nur der Uebcrmacht eines Fremden gegenüber, und gegen diesen erhob sich das von seinem Fürsten zu den Waffen gerufene alte Picmont mit seiner Liebe zur Unabhängigkeit und seinem Unwillen über die Verletzung der Nationalitätswürde. Karl Emanuel dagegen war nicht nur von den republikanische» Bajonetten, sondern von einer neuen allmächtigen Göttin, der Freiheit, bestimmt, vor welcher der ehrliche, aber des­potische Absolutismus des alten Zweiges des scivohischen Stammes weichen mußte.

Die Zeit sollte uoch kommen, wo ein junger Sproß des alten Stammes sich dieser selben Göttin, welche sein Ahnherr befeindet hatte, weihen und durch ihre Hilfe das glorreiche Geschick seiner Familie erfüllen sollte.

Als der unglückliche König Barbolinis Worte hörte, wandte er sich zu den wenigen Hofleuten, die noch um ihn waren, und fragte: Was sagt Ihr, meine Herren, zu der Idee unsers guten und getreuen Obersten?

Alle blieben stumm, schüttelten aber in keineswegs ermutigender Weise das Haupt.

Ihr seht es! sagte in tiefer Betrübnis der Fürst, welchem zu jenen helden­mütigen Vorschlägen die Kraft und Entschlossenheit ganz und gar abging. Das Unternehmen ist, wenn es auch mein Königs- und Soldatenherz versuchen sollte, jetzt nicht mehr durchzuführen. Ach! wenn ich tausend Männer, wie Ihr seid, um mich hätte! Er seufzte tief und beugte schmerzlich bewegt das Haupt. Mau muß sich darein ergeben und abreisen.

Majestät, erwiederte Barbvlini, gestatten Sie mir, daß ich Gut und Blut zu einem Kriege gegen den Fremden in Ihrem Namen daransetze und den Kampf ans Leben und Tod führe? Ich werde auf unsre Berge eilen, werde unsre braven Landlente in dem alten Glauben an ihren Gott und an ihren König entflammen, werde kämpfen, wenn auch nicht in den Städten, so doch in jedem Thale, in jeder Schlncht, und wenn es keine Schlachten sind, in welchen unsre heilige Sache den Sieg gewinnt, so soll es ein unaufhörlicher blutiger Protest gegen den Unterdrücker werden, er soll ihn ermüden, lähmen, seine Mannschaft nnd Mittel aufreiben und ihn mutlos machen.

Der König legte ihm freundlich die Hand auf die Schulter. Ihr seid ein braves Herz, Barbolini, sagte er, thut, was ein guter Geist Euch eingicbt; aber schont Ener kostbares Leben. Gott segne Euch! Dabei nahm er seineu eignen Degen von der Seite nnd reichte ihn dem Obersten. Nehmt diese Waffe nnd wenn Ihr sie für nns gebraucht, so erinnert Ench, daß Ihr an Euerm Könige einen dankbaren Freund besitzt. Mit edler Vertraulichkeit reichte er ihm die Hand, und Barbolini kniete nieder nnd küßte sie, mit Thränen in den Angcn.

Der Degeu des Königs wnrde als eine heilige Reliquie unter den Familicn- kostbarleiten aufbewahrt und behauptet noch immer den Ehrenplatz in dem Zimmer, wo Rina die Andenken an die Geschichte ihrer Familie aufbewahrt.

Trotz aller Opfer gelang es dem Obersten Barbolini nicht, seinen Plan durchzuführen. Mit Mühe konnte er sein Hanpt in Sicherheit bringen, er flüchtete nach Cagliari, wohin sich Karl Emanuel mit wenige,: Getreuen zurückgezogen hatte. Beim Eintritt der Restauration erhielt er die während