Johannes Brahms.
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rahms' Kompositionen gehören folgenden Gattnnge» an: Klavier, Lied, Kammermusik, Konzert, Chor, Orchester, Mit Klavier- Merken debütirte der junge Komponist. Seine ersten beiden Druck- Hefte Maren die Klaviersonaten in O-änr und ^is-moU, denen bald, als ox. 5, die dritte in I'-inoll folgte. Diese Publikation war im Sinne der Kinder dieser Welt keine „zeitgemäße," denn im Jahre 1853 war die Ära der Sonate längst vorüber. Im Jahre 1800 erschienen in Deutschland noch 65 Sonaten (darunter 8 vierhändige); Beethoven, Hahdn, Kotzeluch, Stadler, Gyrowetz, Clementi, Cramer, Hnmmel, Wölfl, alle bedentenden oder beliebten Namen finden sich in dem Verzeichnisse. Fünfzig Jahre später ist die Zahl der Sonatenwerke im Jahresdurchschnitt auf drei reduzirt, und es wuchern die Salon- und Charakterstücke. Wenn Brahms sich mit seinen Erstlingen, er selbst ein Neuling, gegen den Strom warf, so lag ihm dabei gewiß jede Tendenz fern, aber dieser erste Schritt charakterisirt schon seine Stellung zur Kunst, er zeigt den von Haus aus auf das Große gerichteten Sinn und den Charakter, der selbständig, ohne Rücksicht auf Strömungen und Chaneen, seine Ideale wählt.
Die Sonaten von Brahms erscheinen uns als hochinteressante und geniale Versuche, eine Art von Balladenstoff in die Sonatenform zu gießen. Die Phantasie arbeitet hier mit bestimmten Größen, sie stellt Originale auf: in den Hauptszcnen treten Gestalten vor uns, welche an die ungewöhnlichen Erscheinungen der Sagen und Märchen erinnern. Ob wild und fürchterlich, ob träumerisch hold und lieblich — an allen Charakteren, welche in diesen Sonaten auftauchen, wird man die Schärfe und Sicherheit der Zeichnung bewundern müssen. Als ein besondres Meisterstück charakteristischer Erfindung ist uns immer das Hauptthema im ersten Satze der Ks-moll-Sonate erschienen. Von unbändiger Kraft, von unheimlicher Färbung und von dem riesigen Maße, wie es ist, gleicht es dem Beowulf des mittelalterlichen Epos. Die Entwicklung in den Sonaten ist reich an Katastrophen, an schauerlichen Klängen und an jähen Wendungen, für deren Erklärung die musikalische Logik allein nicht ausreicht. Als eine der drastischsten sei die Stelle in der Oäur-Sonate genannt, wo das Trio in das Scherzo zurückleitet. Ein phantastisches deskriptives Element wiegt in diesen Sonaten vor, es grenzt zuweilen an das Opernhafte — aber es ist