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Musikalische Genüsse.
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Musikalische Genüsse.

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hochherziger und edler Gesinnung gegeben, welche die Verehrung, die ihm nller- wn'rts entgegengebracht wird, völlig berechtigt erscheinen läßt. Diese Verehrung streift auf Seiten der Damen, welche ihn stützend, umarmend und ihm huldigend, ihn stets wie lästige Mückenschwärme umgeben, allerdings an Vergötterung. Der vielbewimderte Meister ist auch der gelicbteste. Nun, Liszt ist der Nestvr unsrer musikalische» Künstler, er ist immer noch wirkend, lehrend, auregend, fördernd, bei festlichen Gelegenheiten wie der in Rede stehenden der erste in den Proben, der letzte bei heitern Gelagen. Gönnen wir ihm also von Herzen den Weihrauch, den dankbare und euthusiasmirte Schüler und Bewunderer ihm zolleu, und all die künstlerischen Ehren und materiellen Genüsse, zu denen ihn seine außerordentliche körperliche Rüstigkeit noch befähigt. Seine Anwesenheit wird jedem Mnsikfeste eine höhere Weihe und einen größcrn Glanz verleihen.

Aber diesem Manne, der in so eminentem Maße die Gabe besitzt, jeden Komponisten vollendet zu iuterprctireu und mit einem flüchtigen Worte jedes Werk treffend zu charakterisiren, ist es versagt, seine eignen Schöpfungen zu beurteilen, d. h. sich selbst ein strenger Kritiker zu seiu. Er verliert sich in ihnen in eine maßlose, ihre Wirkung schwer schädigende Breite und hat, abgesehen von ihrem durch harmonische Effekte und brillante Instrumentation nicht zu ersetzenden Mangel an Ideen, nicht die Gabe, seine Gedankeil logisch zu entwickeln. Unübertrefflich in kleine», engbegrcnzten Klavicrpiecen, die wie Geistesblitze den Hörer berühren, verfällt er in ermüdende Phraseologie, wenn er sich größere Aufgaben stellt. Es ist ja begreiflich und der für den trefflichen Altmeister gehegten Pietät völlig entsprechend, wenn bei jedem Feste desAllgemeinen" deutschen Musik- Vereins eines seiner bedeutendere» Werke zur Aufführung gebracht wird; ob es aber gerechtfertigt und im Interesse des Lisztschen Renommees und des Vereins selber ist, ihn so sehr in den Vordergrund zu stellen, wie es jetzt wieder in Weimar geschah, mnß doch sehr angezweifelt werden. Zwei große Chorwerke, ein großes Jnstrumentalstück (überraschenderweise sogar zweimal zu Gehör gebracht), drei umfangreiche Klavierwerke, eine für Harfe arrcmgirte Klavierpiece, ein Sololied und dann in der Nachfeier der Musikschule nochmals eine der symphonischen Dichtungen (Die Ideale"), im ganzen also acht Werke desselben Tonsetzers, das ist doch zuviel des Guten. In dieser Beziehung möchte auch Liszt das Stoßgebetlein seufzen:Herr, bewahre mich vor meinen Freunden!" Sie haben ihm z. B. dadurch, daß sie eine Wiederholung desSalve Pvlonia" veranlaßten, wirklich keinen Freundschaftsdienst erwiesen.

Es ist nicht zu bestreikn, daß das nach steter Abwechslung schmachtende und an dankbaren Novitäten so arme deutsche Theater in der szenischen Be­handlung der Elisabethslegeude eiu seinen Wünschen entsprechendes Werk gewonnen hat, d. h. wenn daran noch gewisse Kürzungen vorgenommen werden. Auf mich hat es von den Brettern herab besser gewirkt als im Konzertsaal. Aber dort wie hier beeinträchtigen die entsetzlichen Längen der Komposition in hohem