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Line Wanderung durch Schwaben,
angesehenen Nördlinger Bürgern in die Georgskirche gestiftet worden waren.
1516 stiftete der Pfarrer Emeran Wayer eine Beweinung Christi. Der Körper des vom Kreuze herabgenommenen Heilandes ist zwar nicht fei» durchmvdellirt und von einem unangenehm gelblichen Inkarnat, aber der Gesichtsausdruck ist ein unbeschreiblich edler und die Verkürzung des liegenden Körpers trefflich gelungen; in dem weiblichen Köpfen spricht sich wieder besonders das Schönheitsgefühl des Meisters aus. Etwa gleichzeitig dürfte der dicht neben diesem Epitaphium hängende Schmerzensmann entstanden sein, ein Bild, das ursprünglich jedenfalls für ein Hospital bestimmt war. Rechts und links sieht man Arme und Krüppel, in der Mitte steht auf einer großen Lade, die zum Aufnehmen von Almosen bestimmt ist, der Schmerzensmann, eine großartige nackte Gestalt mit flatterndem Lendentuch, von leuchtendem Strahlenglanz nmflosscn. Die beiden neben diesem Bilde hängenden Tafeln verdanken wieder einer biedern Nördlingischen Bürgcrfamilie ihre Entstehung. Am Dreikönigsabend des Jahres
1517 starb Anna Bössin, „Jörgen Brügels Münzmeisters Hausfrau," und stiftete in ihrem Testament eine Tafel in die Georgskirche, welche in künstlerisch vollendeter Weise darstellt, wie Christus sich von seiner Mutter und den Schwestern des Lazarus verabschiedet. Als im März 1521 der Münzmeistcr Jörg Brügel selbst starb, wurde dieser Tafel noch das Gegenstück hinzugefügt, welches die Krönung der Maria durch Gottvater und Christus vorführt und worin außer den würdigen Köpfen der Jünger besonders wieder die Gestalt der Maria gelungen ist. In demselben Jahre entstand noch ein zweites Werk, welches als die Hauptleistung des Künstlers gelten kann, von welchem jedoch nur die Flügelbilder im Rathause bewahrt werden, während sich das Mittelbild noch an Ort und Stelle in der Gcorgskirche befindet. Den Auftrag zu diesem Werke gab dem Künstler Nikolaus Ziegler, der Angehörige eines alten Nördlinger Geschlechts, der sich in den Jahren 1511—19 eine Kapelle in der Georgskirche hatte erbauen lassen. Das Mittelbild stellt in einer Komposition von zehn Figuren die Beweinung Christi nach der Kreuzabnahme dar, und man darf die Verächter der alten Kunst getrost vor dieses Bild stellen und ihnen die Frage vorlegen, ob hier nicht Ausdruck und Leben, zum Teil sogar Schönheit abgerundeter Form sei. Das herzbrechende Wehe in dem Gesichte der Maria und der neben ihr knienden Matrone, die ausströmende Klage einer Jüngcrin, die in lautem Schmerz die Arme emporhebt, der wortlose Gram im Angesicht der seitwärts stehenden Magdalena wirken ergreifend zusammen. Außerdem sind namentlich die Innenseiten der beiden Flügel, welche die heilige Elisabeth und die heilige Barbara darstellen, von Bedeutung. Auch Schäufelein ist ein Meister, der an Ort und Stelle in Nördlingen betrachtet sein will. Wer nur die langweiligen kleinen Bilder von ihm in Berlin, Nürnberg oder München kennt, kann nicht ahnen, wie Vortreffliches dieser Maler zuweilen zu leisten imstande war.