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Der Wirtschastsbetrieb des Staates.
Auch seit dieser Zeit ist die Seehandlung vielfach Gegenstand von Angriffen im preußischen Abgeordnetenhause gewesen. Nachdem bereits am 9. Dezember 1868 (von dem Abgeordneten Laster) der Bestand des Instituts als mit den verfassungsmäßigen Zuständen Preußens nicht vereinbar dargestellt worden war, erfolgten am 7. Dezember 1869 noch lebhaftere Angriffe. Die Abgeordneten Jacobi und Richter legten in ausführlichen Reden die volkswirtschaftlichen, finanziellen und politischen Bedenken dar, zu welchen das Institut Veranlassung gebe. Eine Fülle von Thatsachen wnrde dabei zur Sprache gebracht. So z. B. auch die wuuderbare Thatsache, daß die Seehaudluug im Jahre 18S0 dem Kurfürsten von Hessen, als dieser in seinem Lande die Wirren begann, welche Österreich und Baiern die Handhabe zu ihrer preußeufeiudlichen Invasion boten, für seine Zwecke 329000 Thaler vorgeschossen habe. Dabei stellte jedoch der Abgeordnete Jacobi selbst der Seehandlung das Zeugnis aus, daß sie die ihr gehörigen industriellen Anlagen musterhaft verwalte. Infolge dieser Verhandlung wurde die Regierung aufgefordert, das Kapitalkouto der Sce- handlnng fortan auf elf Millionen Thaler zu beschränken, auch in Zukunft über die Finanzoperationen der Seehandlung dem Landtage ausführlichere Mitteilungen zu machen. (Stcn. Ber. S. 1029—1045.)
Am 9. Januar 1871 und 22. Januar 1872 wurden im Abgeordnetenhaus« abermals Verhandlungen gepflogen, welche darauf zielten, daß die Seehandlung der noch in ihrem Besitze befindlichen gewerblichen Etablissements sich entäußern solle. Nachdem bisher die Hauptangriffe gegen die Seehandlung von liberaler Seite geführt worden waren, erklärte dann am 13. Februar 1875 auch der Abgeordnete von Kardorff (freikonservativ), daß er den Fortbestand dieses Instituts neben der neugeschaffenen Neichsbank für unzulässig halte. Und am 2. März 1876 kam ein Antrag dieses Abgeordneten zur Verhandlung: die Staatsrcgiernng aufzufordern, vorbereitende Schritte zur Auflösung der Seehandlung als Bankinstitut zu thun. Gleichzeitig wurde von dem Abgeordneten von Wedelt-Malchow (konservativ) ein Antrag gestellt: die StaatSregierung aufzuforderu, der Seehandlung die Beteiligung an Konsortialgcschäften zu untersagen. Obgleich der Antrag ans Auflösung in erster Linie von dem freikonservativen Abgeordneten Dr. Nasse (Professor in Bonn) vom rein wissenschaftliche» Standpunkte begründet wnrde, traten nun doch gerade die liberalen Abgeordneten, welche früher den Bestand der Seehandlnng angefochten hatten (Lasker und Nichter), für den einstweiligen Fortbestand derselben ein. In den Reden derselben klang es durch, daß man jene Anträge als Angriffe gegen die Verwaltung des Ministers Camphausen auffaßte, denen man von liberaler Seite entgegenzutreten sich veranlaßt fand. Beide obigen Anträge erhielten hiernach keine Mehrheit. (Sten. Ber. S. 411—431.) Sowohl bei der Verhandlung von 1869 wie bei der von 1876 trat übrigens Minister Camphansen entschieden für den Fortbestand der Seehandlnng ein, indem er dieselbe ini Interesse des preußischen Staates