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nicht erfolgen. Es würde also mit der Zeit eine Reduktion der anhängigen Sachen auch schon deswegen eintreten. Was die Schädigung der Würde des höchsten deutschen Gerichtshofs durch Überweisung solcher Bagatellsachen anlangt, so braucht nur darauf hingewiesen zu werden, daß eine gewissenhafte Interpretation z. V. des Reichsimpfgesetzcs oder des Neichsstempelgesctzes oft mehr Scharfsinn erfordert als die Beurteilung irgendeiner durch langjährige praktische Übung und die Wissenschaft jedem geläufig gewordenen strafrechtlichen Frage. Anch müßte meines Erachtens die Würde des höchsten Gerichtshofs zurücktreten hinter dem eminenten öffentlichen Interesse an einer im ganzen Reiche übereinstimmenden Interpretation solcher in das wirtschaftliche und individuelle Leben tief eingreifenden Gesetze. Abgesehen von den praktischen Juristen, die das Bedürfnis nach einer festen Rechtsprechung in diesen Fragen zweifellos haben, hat sich denn auch im Handelsstaude der Auslegung des Neichsstempelgesctzes wegen eine Strömung gezeigt, die wenigstens in bezng ans dieses eine einheitliche Rechtsprechung herbeiführen will. Der deutsche Haudclstag hat sich mit der Frage befaßt, und wenn er auch nicht klar ausgesprochen hat, daß die Überweisung der Verstöße gegen das Reichsstcmpclgesetz an das Reichsgericht als Nevisionsinstanz zu wünschen wäre, so ist doch keinem Zweifel unterworfen, daß der gefaßte Beschluß die Voraussetzung hat, daß das Reichsgericht die hauptsächlichsten Mängel des Gesetzes durch seine Interpretation zu beseitigen habe. Das kann jetzt nur in seltenen Fällen geschehen, denn die Verfehlungen gegen das Gesetz vom 1. Juli 1831 charakterisiren sich in der großen Mehrzahl der Fälle als Übertretungen und können daher nicht an das Reichsgericht gebracht werden. Es mnß also die Frage in der in diesem Aufsatz vorgeschlagenen Weise gelöst werden, und es ist kein Grund vorhanden, das, was bezüglich des Ncichs- stempelgesetzes sich als dringendes Bedürfnis erwiesen, nicht auch in vielen andern Fällen als notwendig anzusehen.
Darmstadt. R. Meisel.
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er Gedanke, daß es ein „Recht auf Arbeit" gebe, tritt öffentlich zuerst in dem letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts auf, er gehört zu den Forderungen der ersten französischen Revolution. Schon die Verfassung von 1791 bezeichnete es als eine Pflicht des Staates, eine „öffentliche Einrichtung" zu fchaffen, die sie in den Stand setze, „den gesunden Armen Arbeit zu geben, wenn sie sich felbst