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Das Luther-Festspiel in Jena.
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Das Luther-Festspiel in Jena.

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Steck ein das Schwert an seinen Ort,"

Du falscher Junker! Dein' Wehr ist's Wort!

^.xsgs, axsxo 8at,g,ims!

Meiu' Waffen ist das Tintenfaß!

Die schwarze Flut dir nber'n Schöpf!

(er wirst das Tintenfaß, daß es an der Wand zerschellt.) Das ist das Blut, das fließt für mich! Die Faust thut's nit! hier thut's der Kopf! Den Fcdcrflamberg schwinge ich, Das ist mein' Waffen und mein' Wehr!

In der fünften und sechsten Abteilung kommt die individuelle Seite der Reformation zuihrem Rechte. Das Kloster Nimpschen zeigt uns den Kampf der persönlichen Überzeugung mit den starren kirchlichen Formen. Im Vorder­grunde steht Katharina von Vora, um sie gruppireu sich die Nonnen. Hierauf werden wir in das bekannte treu nachgebildete Lutherzimmer im Augustinerkloster zu Wittenberg versetzt und sind Zeugen der Verlobung Luthers und sogar seiner Vermählung. Man könnte Bedenken haben, daß diese Szenen dramatisch vor­geführt werden, Luthers Verlobung, die auch von vielen seiner Freunde lange gemißbilligt wurde und noch heute ein Angriffsobjelt der Gegner bildet, und seine Vermählung, welche als ein religiöser Akt nicht auf die Bühne gehört. Auf jeder Bühne möchte ichs auch nicht sehen. Aber in diesem Orte und in dieser Vorführung hat es nichts peinliches, sondern sogar rührende und er­greifende Momente.

Die letzte Abteilung, welche schon vor der ersten Aufführung verschiedene Umarbeitungen erfahren hat, könnte eine abermalige Umarbeitung und Kürzung vertragen. Die Handlung liegt zwanzig Jahre später, und die Bemühung des Dichters, im Dialog den Znsammenhang mit dem vorigen Akte herzustellen, führt zu Wiederholungen und Stockungen. Es genügt, den Moment, wie er ist, zu schildern und die Töne, welche erklingen sollen, den Streit der Refor­matoren untereinander, die Befürchtungen wegen des drohenden Schmalkaldischen Krieges und die Todesahnungen Luthers, nur je einmal anzuschlagen. Aber wir werden durch den Schluß entschädigt und befriedigt. Luther feiert Weih­nachten im Kreise seiner Familie; zuletzt ergreift er seine liebe Laute und singt mit Weib und Kind fromm und leise:

Keiner der Zuschauer hat sich dem tiefen Eindrucke dieses Schlusses entziehen können.

Der Leser wird aus dieser Skizze hoffentlich den Eindruck gewonnen haben, daß wir in dem Jenenser Festspiele eine Gabe des Lutherjahres besitzen, deren wir uns aufrichtig freuen können, und daß es sich wohl verlohnt, dahin zu reisen. Einen Wunsch möchte ich zum Schluß aussprechen: wenn die Absicht bestehen sollte, auch später eine Wiederholung des Festspieles zu veranstalten, daß dies nicht zu bald geschehen möchte.

Weißenfels. Max Allihn.

Mit Fried' und Freud' ich fahr' dahin In Gottes Wille.

Grenzboten II. 1884.

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