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Das Luther-Festspiel in Jena.
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Das Luther-Festspiel in Jena.

Die zweite Abteilung führt ins eigentliche Neformationsdrama ein, sie be­handelt den Anschlag der Thesen und ist nach meinem Ermessen der vollendetste Teil des ganzen Werkes. Hier deckt sich auch die Person Devrients mit der Luthers, nämlich mit dem feurigen, jugendlichen Luther, am meisten. Der Schauplatz ist natürlich der Platz vor der Schloßkirche in Wittenberg. Die Kirche, deren untern Teil man sieht, ist zwar nicht in historischer, aber in praktischer Weise auf eine Estrade gestellt, zu der eine Treppe emporführt. Dies Arrangement gestattet eine höchst malerische Entfaltung der Massen. Zunächst schreiten Luther und Staupitz über die Bühne, Luther mit Pergament, Hammer und Nägeln; die Ablaßfrage bewegt beide. Luther voll Feuereifers erhebt sich gegen den Frevel Roms am Evangelium. Stanpitz mahnt zur Vorsicht.

Staupitz. Die Schuld trifft den nur, der den Unfug lehrt. Luther. Den trifft sie mit, der nicht dem Unfug wehrt!

Duckt alle nur euch unters Joch,

Jetzt schlag' ich dieser Pauke ein Loch, (wendet sich.) Staupitz (ihn aufhaltend).

Nur nit mit dem Kopf durch die Mauer gerannt,

Es giebt ja Thüren in der Wand! Luther. Recht! An die Thür schlag' ich die Thesen,

Da kanns die ganze Gemeine lesen.

Staupitz rät ab mit dem Hinweis auf seinen Schützer und Gönner, den Kur­fürsten Friedrich, der seine Reliquien in der Kirche habe; gegen ihn und seinen Ablaß richte sich also Luthers Vorgehen ebensosehr. Luther denkt höher von seinem Kurfürsten:Er heißt der Weise, hier mag ers zeigen." Staupitz läßt es dann geschehen, zufrieden, wenn er von der That nichts wisse, und geht. Die Glocken beginnen zu läuten. Luther tritt an die Kirchthür, faltet die Hände über seiner Rolle und kniet betend nieder. Dann erhebt er sich kräftig und schlägt mit vier Nägeln das Pergament an die Thür, indem er bei je einem der Nägel spricht:

Gekreuzigter! in deinem Namen streit' ich, Gekreuzigter! dein Lösungswcrk bereit' ich, Gekreuzigter! dem' Nägelmale schlag' ich, Gekreuzigter! Vergönn's! dein Leiden trag' ich.

Wenn man das so liest, macht es vielleicht keinen Eindruck; in der Aufführung aber war es ein Moment von fast sakramentaler Weihe.

Luther steigt dann die Treppe herab und begegnet den ersten Kirchgängern. Wenige hin- und hergesprochene Worte geben Zeugnis von seiner Seelsorge in der Gemeinde. Da steht ein Schmiedegeselle und blickt scheu beiseite.

Luther. Hast du's gestanden?

Claus (dumpf). Wedder hengetragen.