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Notizen.
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Notizen.

schaffte. Die Snrik- und Salor-Turkmeneu, die innerhalb der afghanischeil Grenzen wohnen, sind nicht leicht zurückzuhalten, nnd da Badghis in gewissem Sinne streitiges Land ist, obwohl es auf dem Papiere gleichfalls zu Afghanistan gehört, so ist leicht zu sehen, daß sich bald Ereignisse begeben können, aus denen sich ernste Schwierigkeiten entwickeln.

Rußland hat aber mit seiner nenesten zentralasiatischen Eroberung noch mehr gewonnen. Indem es Merw in seine Gewalt brachte, welches es 1881 nicht besetzen zu »vollen schien, hat Rußland die Verbindung zwischen seinen tnrkestanischen nnd seinen transkaspischen Provinzen vervollständigt; mit andern Worten: es hat Sanmrkand, Buchara und Chiwa durch Merw mit Askabad und Krasnvwodsk vereinigt. Er hat infolge dessen jetzt nichts mehr von den berittenen Wnstenräubern zu befürchten uud wird sich wahrscheinlich seine besser gewordene Lage zu nutze machen uud mit dem Bau einer Eisenbahn nach Osten gegen Sarachs vorgehen, das es natürlich auch nicht eher wegnehmen wird, als bis sich eine passende Gelegenheit findet. Dann hat es den großen zentralasiatischen Schienenweg wieder um eine Station näher nach Herat hin vorgeschoben. Man muß dabei in Betracht ziehen, daß das russische Gebiet, wie es in dem Greuzvertrage mit Persien festgestellt worden ist, nnr bis zu einem gewissen Punkte genau bestimmt ist, dann aber als je nach den Umständen dem einen oder dem andern Nachbar gehörig be­trachtet werden kann. Infolgedessen ist kaum zu bezweifeln, daß alles, was nicht spezifizirt worden ist, für herrenloses Land angesehen werden wird, und daß die Russen sich bis dicht vor Sarachs ausbreite» werden. Darf man von der Ver­gangenheit auf die Zukunft schließen, so ist man berechtigt, anzunehmen, daß all­mählich uud bei passender Gelegenheit die natürliche Festung von Kalat, das Deregez und Sarachs für notwendig zu den großen Zivilisirnngswerke werden erachtet werden. Man wird sich mit ihnen der Beherrschung der besten Operationslinien gegen Herat uud der geeignetsten und vorteilhaftesten Straßen nach Kandahar bemächtigen. Die Karte zeigt, daß die Russen jetzt viel weniger weit bis nach Herat haben als die Engländer. Man weiß ferner, daß das Land zwischen Sarachs und jener berühmten alten Stadt am Herirnd deu Ingenieuren keinerlei Schwierigkeiten entgegenstellt, daß die einst hier vermuteten massiven Gebirgsketten in der Wirklichkeit nur 800 bis 900 Fuß hohe Sandhügel sind, und daß zwischen den Truppen des Zaren nnd Herat, Maimnn nnd Balch kein andres Bollwerk steht, als die papierne Grenze, die Gladstonc nnd Grcmville einmal sanktionirt haben. In Sibi (südlich von Kandahar) stehen die Engländer 100, in Quettn 120 deutsche Meilen von Herat, wogegen die letztere Stadt von Merw nur etwa 60 uud von Askabad ungefähr 30 Meileu eutferut liegt. Das wichtigste aber ist bei der Sache, daß Rußland jetzt mit einer Eisenbahn rasch nach der afghanischen Grenze vorrückt, daß es mit der Einver­leibung Merws seiue weitgestrcckten Grenzen südlich und nördlich von Oxns abge­rundet, daß es die Herrschaft über Stämme, die stets zu Borstößen nnd Raubzügen bereit sind, erlangt, daß es sich einen neueu Ausgangspunkt zu einem weitern Sprunge nach zwei Nachbarreicheu verschafft, und daß es sich endlich eine Stellung gesichert hat, von wo es mit Leichtigkeit von drei Punkten, von Bochara, Merw und As­kabad aus, Miueu uach Afghanisten hineintreiben kann. Dazu kommt schließlich, daß es sein Ansehen im ganzen Osten beträchtlich gehoben hat. Es ist eben anders vorgegangen als England unter Glndstones Leitung. Es hat moralische Kraft an den Tag gelegt, Konsequenz nnd Beharrlichkeit, es hat eine kluge Politik verfolgt und im Felde zu siegen verstanden. Das Resultat ist gestiegncr Kredit und Einfluß an den asiatischen Höfen.