Uhlcnhans.
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Die Strafgefangenen sollen sich nicht „Wohlbefinden." sonst wäre es überflussig, ihnen das Übel einer Freiheitsstrafe zuzufügen. Andrerseits sollen aber auch ehrliche freie Arbeiter nicht geschädigt werden dadurch, daß ihnen Straf- arbeitcr den Verdienst schmälern und sie gezwungen sind, zu Beschäftigungen ihre Zuflucht zu nehmen, bei denen sie zn Grunde gehen.
Man sieht: was heutzutage mit dem Namen „Humanität" im Strafrecht bezeichnet wird, ist teils ein Mittel, durch welches der Egoismus mit einem schönen Firnis überzogen werden soll, teils ein Mitleid, welches aus geistiger Kurzsichtigkeit am unrechten Platze zum Ausdruck gelangt und daher nur schädlich wirkt. Mitleid in diesem Sinne ist der Feind der wahren Humanität.
Uhlenhans.
iner Bnchkritik stehen zwei Wege offen. Sie kann den Leser auf die Lektüre des Werkes vorbereiten, ihn in Stimmung versetzen, sein Urteil klären, sein ästhetisches Gewissen wachrufen, oder sie kann ihm nachträglich zu Hilfe kommen, ihm die Orientirnng über das bereits Gelesene erleichtern, den konkreten Einzelfall an
der abstrakten Theorie messend, die Grundlagen zu einer sichern und bleibenden Beurteilung errichten. Der Autor wird an beiden gleichviel auszusetzen haben; er wird am ersten die Erweckung von Vorurteilen, am zweiten die Störung des unbefangenen Genusses, die Beeinträchtigung der unmittelbaren und lebendigen Wirkung tadeln, die er zu beiderseitigem Gewinn auf das Publikum auszuüben strebt. Dem Kritiker ist es immer nur um eines zu thun: wie er dem ästhetischen Ideal, dessen Anwalt er ist, und wie er dem Dichter, der dasselbe in einer Nachbildung wirklichen Lebens in oonorsto darzustelleu suchte, gleichermaßen gerecht werden möge. Freilich, einem Autor gegenüber, dessen Bedeutung anerkannt und dessen Talent ein ungewöhnlich hervorragendes ist, wird er sich gern bescheiden, wird die Betonung allgemeiner Theoreme vor der Würdigung des Individuellen, Gegebenen zurücktreten lassen, seine Kritik zu einer Ausdeutung des vorliegenden Kunstwerks gestalten und dann erst untersuchen, ob das Gefundene sich vor den ewig giltigen Regeln poetischen Schaffens rechtfertigen lasse. Darin liegt nicht eine indirekte Rücksichtslosigkeit gegen andre, jüngere nnd kleinere Talente, sondern das ehrliche Geständnis, daß ein Meister poetischen Schaffens jenen Regeln praktisch ans mannichfachere Weise und tiefsinniger gerecht zu werden versteht, als der Kritiker theoretisch ermessen kann.