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Zur Geschichte der Rreuzzeitung.
schrittes fremde Institutionen aufgedrungen werden. . , . Diesen Tendenzen und dem zerstörenden Nivellirungstriebe der Zeit gegenüber werden wir die wahren und geschichtlichen Grundlagen unsers Staats- und Rechtslebens geltend machen. Wir werden das Recht von oben gegen die willkürliche Rechtsbildung von unten nach einem nirgend dargethanen, bloß vorgeschützten Rechtswillen, die Obrigkeit von Gottes Gnaden gegen selbstzusetzende und selbstzuentsetzende Machthaber vertreten, die geltende Rechtsordnung und die dadurch geschützten Interessen gegen offene und versteckte Gewalt, gegen das Andrängen eines alle Ungleichheit nicht aufhebenden, sondern umkehrenden Radikalismus verteidigen. Zugleich werden wir aber in der neuen Ordnung der Dinge, die wir mit ihren Verheißungen ernst beim Worte nehmen, diejenigen Elemente aufweisen, welche wahre Realität und Inhalt haben, die lebensfähigen Triebe unter organischer Anknüpfung an das geschichtlich Gegebene sdie ständische Verfassung^ zu positiven Bildungen und wirklichen Lebensmächten zu entwickeln und so zu zeigen suchen, wo wahre Freiheit und wahrer Fortschritt liegt,"
Verschiedne Konservative hegten Zweifel cm^ der Zeitgemäßheit und dem Gelingen des Unternehmens; als aber Mitte Juni die ersten Probenummern ausgegeben wurden, war der Erfolg sofort gesichert, und man konnte mit einem Stamme von 3000 Abonnenten beginnen. Die ersten stehenden Mitarbeiter waren die Herren Hermes, Langbein, Hesetiel, Gödsche, Adami und in gewissem Sinne auch der Präsident von Gcrlach. Gelegentlich lieferten Professor Stahl, Dr. Permce und der Herr von Bismarck-Schönhausen Beiträge. Letzterer war periodisch sehr fleißig, „Während der parlamentarischen Verhandlungen erschien kaum eine Nummer der Kreuzzeitung, welche nicht einen längern oder kürzern Artikel des Herrn von Bismarck gebracht hätte." Auch der Vorsteher der Berliner Sternwarte, Gcheimrat Enke, gehörte zu den Freunden des Blattes und fand nur zu tadeln, daß die Redaktion noch zu höflich sei und die Menschen für zu klug halte. „Halten Sie die Masfe der Menschen, sagte er, für so dumm, als es Jhuen irgend möglich ist, und Sie werden selbige immer noch überschätzen."
Inzwischen ging die revolutionäre Zersetzung ihren Lauf und drang sogar in die obern Kreise ein. Vou gewisser Seite wurde, wie Wagener behauptet, sehr ernsthaft auf eine Thronentsagung des Königs hingearbeitet, indem man Leute in die Provinzen schickte, welche Petitionen in diesem Sinne zustande zu bringen beauftragt waren. Dabei schössen allerlei Vereine und Verbindungen wie Pilze aus der Erde, darunter auch der Treubund, mit dessen Bestehen und Tendenz man die Partei der Kreuzzeitung bisher zusammenzubringen gewohnt war, wogegen unsre Schrift erklärt, dieselbe habe sich zu ihm mehr beobachtend verhalten und ihn „als einen kleinen Absenker des Freimaurerordens vou Haus aus mit entschiednem Mißtrauen behandelt." Dagegen unterstützte die Partei die Bewegung der „zünftlerischen" Handwerker, welche damals vorzüglich in