Literatur.
215
sich aus den Kreisen der Börse rekrntiren? Wer solche literarische Gründungen miterlebt, dem muß es bauge werden um die Reinigung und Hebung des Journalismus. Was verstehen so viele Journalisten unter Hebung ihres Standes? Viele glauben zur sozialen Würdigung ihres Berufes außerordentlich beizutragen, wenn es ihnen gelingt, eine Reporterkarte für Hoffestlichkeiten und Prinzenreisen zu erlangen. Aber gerade das Reportcrtum untergrabt die Stellung der Journalist«»! der schriftstellernde Figaro, der heute hier nnd morgen da mit unermüdlicher Fingerfertigkeit seiueu Schaum schlägt über Kunst und Wissenschaft, über Staat n»d Politik, über Gerichtsverhandlungen und pikante Stadtbegcbenheiten, er kann niemals dazu beitragen, dem Jonrnalistenstaude in der Gesellschaft eine seiner Bedeutung würdige Stellung zu erringen. Wie sehr aber das Reportertum im heutigen Zcilnngswese» überwuchert, dafür liefert die „Nntioualzeitung" den entsprechenden Beleg. Während andre große Zeitungen sich begnügen, unpolitische Personen zur Berichterstattung auf Reisen zu schicken, übernimmt der Chefrcdaktenr dieses Blattes in eigner Person diesen Zweig des Reporterdienstes, was er doch schwerlich thun würde, wenn er nicht in der „Reportage" den wahren Kern der Zeitnng erblickte und sonnt den Reporter über den Redakteur stellte.
Die Reform des Zeituugswcsens wird nach dem oben Gesagten Wohl niemals aus den Kreisen der Journalisten hervorgehen. Sie mnß nach unserm Dafürhalten von den: Publikum selbst angebahnt werden. Wenn alle Leute von Charakter und nationaler Gesinnung grundsätzlich eine»! Blatte undeutscher Mache jeden Eingang in ihr Hans versagten, auf dasselbe weder abonnirten noch es zu Ankündigungen benutzten, dann wäre der erste uud schwerste Schritt zur Beseitigung des heutigen Preßunfugs gethan.
Literatur.
Kleines Staatshandbuch des Reichs und der Einzelstaaten. 2. Jahrgang, 1884. Bielefeld und Leipzig, Vclhagcn und Klnsing.
Die gute Aufnahme, welche der erste Jahrgang dieses kleinen Buches gefunden hat, ist Veranlassung gewesen, es für 1384 in verdoppeltem Umfange herauszugeben. Wir nennen es ein kleines Buch, seinem Titel entsprechend; in Wahrheit ist es nur dem Format nach klein, dem Inhalte nach dagegen groß. Es ist erstauulich, wie viel und wie vieles das Buch enthält. Die Praktische, raumsparende und doch klare und übersichtliche Anordnung bei kleinem, scharfem und gut leserlichem Druck hat es ermöglicht, eine Fülle von Namen und Zahlen zusammenzubringen, welche ein großes Werk zu füllen geeignet wäre». Das ist nn großes Verdienst des Buches. Jedermann kann es in der Tasche tragen, nnd es wird auf dem Schreibtische nicht viel Platz wegnehmen. Dabei wird es für jeden, der sich für Politik interessirt und im praktischen Leben steht, von großem Nutzen sein. Es enthält zunächst eine Übersicht über die höheren Behörden in: deutschen Reiche und in den Einzelstaateu, und zwar mit Angabe der Namen der betreffenden Beamten und der Höhe ihrer Gehalte. Es sind die obersten Landesbehörden aufgeführt, und ihr Wirkungskreis ist klar gemacht, die Referenten